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Erdrutsch in Papua-Neuguinea Die lange Suche nach Lebenszeichen unter prekären Bedingungen

Vier Tage nach dem verheerenden Erdrutsch geht die Suche nach Vermissten weiter. Die Rettungsarbeiten gestalten sich schwierig, da der Unglücksort nur schwer zu erreichen und die Erde weiter in Bewegung ist.

Das ist passiert: Nach einem gewaltigen Erdrutsch in Papua-Neuguinea am Freitag werden Tausende aus dem Gebiet evakuiert. Der nationale Katastrophenschutz geht von mindestens 2000 Toten aus, wie aus einer Mitteilung der Regierungsbehörde hervorgeht. Sechs Todesopfer konnten bisher aus den Gesteinsmassen geborgen werden. Für die Rettungskräfte ist es ein Rennen gegen die Zeit. Während Menschen nach Verschütteten graben würden, komme es immer wieder zu Abgängen von Erdmassen. In der Zone des Erdrutsches und angrenzenden Gebieten wurde nun der Notstand verhängt.

Der Weg zum Unglücksort: Die Region ist sehr abgelegen und es gibt in unmittelbarer Umgebung keine Möglichkeiten zur Übernachtung. «Rettungsteams müssen jeden Tag 60 Kilometer zurücklegen. Zudem sind die Strassen vor Ort sehr schlecht und die Wagen kommen nur sehr langsam voran», sagte die ARD-Korrespondentin Jennifer Johnston zu SRF. Sie beobachtet die Lage nach dem Unglück in Papua-Neuguinea von Singapur aus.

Das verschüttete Gebiet

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Satellitenbild eines Erdrutsches in einer bewaldeten Gegend.
Legende: Eine Satellitenaufnahme des betroffenen Gebiets. Reuters/Maxar Technologies

Insgesamt sind sechs Dörfer vom Erdrutsch betroffen. Eines davon soll vollständig verschüttet worden sein, sagte die ARF-Korrespondentin Jennifer Johnston zu SRF. «Die Sorge ist eben, dass wirklich keiner in diesem Dorf überlebt hat. Denn bisher hat man sehr wenige Überlebende gefunden, aber auch sehr wenig Leichen bergen können.» Auf Satellitenaufnahmen ist eine sehr grüne, hügelige Landschaft in den Tropen erkennbar. «Das ist wirklich eine riesige Fläche, etwa vier Fussballfelder gross. Die Hütten dort seien sehr einfach gebaut und hätten dieser Naturgewalt aus Felsen, teilweise grösser als Schiffscontainer, einfach gar nichts entgegenzusetzen, führte Johnston aus.
                

Die Rettungsarbeit : «Es ist sehr unwahrscheinlich, dass an der Stelle des grossen Erdrutsches (...) Überlebende zu finden sind». Dies sagte der Unicef-Vertreter Niels Kraaier am Freitag. Trotzdem: Auf Videos aus dem Katastrophengebiet waren Menschen zu sehen, die barfuss und nur mit Schaufeln versuchten, Angehörige und Freunde unter den riesigen Geröllmassen zu finden. Auch Bagger sind unterwegs ins Unglücksgebiet, einer ist bereits angekommen. «Die Überlebenden haben jedoch gezögert, den Einsatz schwerer Maschinen zuzulassen, weil sie nicht wollen, dass die Leichen ihrer Angehörigen beschädigt werden, sagte Serhan Aktoprak, der Leiter der Mission der UNO-Migrationsbehörde in Papua-Neuguinea.

Der Zeitpunkt des Unglücks

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Es soll vorher tatsächlich gar keine Anzeichen gegeben haben, keine kleineren Erdrutsche in der Umgebung, sagte die ARD-Korrespondentin Jennifer Johnston zu SRF. «Der Erdrutsch kam überraschend und mitten in der Nacht gegen 3:00 Uhr, als alle Menschen geschlafen haben.»

Augenzeugen berichteten nun, es solle kurz vorher ein Blitz in den Fuss des Berges eingeschlagen haben. Dies könne möglicherweise einen Zusammenhang mit dem Erdrutsch haben. Andere berichteten von heftigen Regenfällen in der Zeit davor. «Es ist das Ende der Regenzeit in Südostasien, und Papua-Neuguinea liegt auf dem pazifischen Feuerring, also einer der seismisch aktivsten Gegenden der Welt.» Tatsächlich habe es wenige Tage zuvor ein Erdbeben der Stärke 4.5 gegeben, so Johnston.

Stammesfehden erschweren die Arbeit zusätzlich : Auf der Strecke, die in das Unglücksgebiet führt, herrschen gerade Stammeskämpfe. Verfeindete Stämme kämpfen schon seit Jahrzehnten gegeneinander. Dabei geht es hauptsächlich um Territorien. Ausgerechnet jetzt sei eine Stammesfehde wieder eskaliert, sagte Johnston. «Es gab mehrere Tote, viele Häuser wurden niedergebrannt. Das erschwert die Bergungsarbeiten ungemein.» Der Hilfskonvoi müsse stets von Soldaten begleitet werden, um für die Sicherheit der Hilfskräfte zu sorgen.
                

Menschen durchsuchen Erdrutschgebiet in bewaldetem Gebiet.
Legende: Hilfskräfte suchen nach Lebenszeichen von Angehörigen und Nachbarn. Reuters/New Porgera Limited

Internationale Hilfe : Australien und Neuseeland haben den Menschen im Katastrophengebiet in Papua-Neuguinea Hilfen in Millionenhöhe zugesagt. «Als enger Nachbar und Freund werden wir alles tun, was wir können, um Unterstützung zu leisten», schrieb der australische Verteidigungsminister und Vize-Premier Richard Marles auf X.

Trotz aller Hilfe bleibt die Sorge bestehen, dass der Boden nochmal rutscht und weitere Häuser verschüttet werden könnten.

Politische Folgen des Unglücks

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Die Katastrophe hat auch politische Folgen. Ministerpräsident James Marape droht ein Misstrauensvotum. Die Opposition hat Rainbo Paita, der erst kürzlich aus Marapes Kabinett ausgetreten war, als seinen Nachfolger nominiert.

Die Überlebenden: Sauberes Wasser, Lebensmittel, Kleidung, Unterkünfte, Medikamente und psychologische Unterstützung: Das brauchen die Überlebenden derweil dringend. Auf Videos sind weinende Einwohner zu sehen, die sich ihre Gesichter mit einer gelben Paste aus Schlamm eingerieben hatten – in Teilen Papua-Neuguineas ein Zeichen der Trauer. 

SRF 4 News, 28.05.2024, 06:11 Uhr ; 

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