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Eskalation Iran-Israel Was kann Diplomatie noch ausrichten?

Die Angriffsspirale zwischen Israel und Iran durchbrechen und eine Ausweitung der Kampfhandlungen im Nahen Osten verhindern – das ist das Ziel. Hinter den Kulissen scheint bereits einiges im Gange.

Der UNO-Sitz in Genf wird am Freitag zu einem wichtigen Schauplatz im Konflikt zwischen Israel und Iran. Dann wagen Irans Aussenminister und seine Amtskollegen aus Deutschland, Grossbritannien und Frankreich gemeinsam mit der EU-Aussenbeauftragten einen diplomatischen Vorstoss zur Deeskalation. Auch die USA erklären, die Tür für Verhandlungen sei noch offen.

Ob die Diplomatie noch eine Chance hat, während sich die Gewaltspirale weiter dreht, wird sich zeigen. Die SRF-Korrespondenten in Nahost, Deutschland und den USA fassen die jeweiligen Standpunkte zusammen.

Die Golfstaaten – Sorge vor Flächenbrand

Die Staaten auf der Arabischen Halbinsel, vor allem Saudi-Arabien, sehen die Entwicklungen in der Region mit Sorge. Sie wollen einen Flächenbrand verhindern und sind an einer raschen Lösung interessiert.

Anita Bünter und Jonas Bischoff

Nahost-Korrespondenten

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Anita Bünter und Jonas Bischoff sind die Nahost-Korrespondenten des Schweizer Fernsehens. Anita Bünter war zuvor Produzentin der Sendung «10vor10». Jonas Bischoff war vormals Produzent bei Radio SRF 4 News.

«Wenn dieser Krieg weiter eskaliert, droht eine Destabilisierung des gesamten Nahen Ostens. Darum bemühen sie sich derzeit mehrere Golfstaaten intensiv um eine diplomatische Lösung – namentlich Katar, der Oman, Saudi-Arabien und die Vereinigten Arabischen Emirate. Sie alle haben gute Beziehungen nach Washington – wie auch nach Teheran. Und: Sie haben auch ein grosses Eigeninteresse daran, dass der Konflikt nicht weiter eskaliert. Sollten die USA in den Krieg einsteigen, droht der Iran damit, die Strasse von Hormus zu blockieren. Jene Meerenge also, die als einer der wichtigsten Handelswege für Öl und Gas gilt. Wenn dieser Handelsweg zu ist, dürfte das auch die ölreichen Golfmonarchien empfindlich treffen.»

Mann liest Zeitung auf der Strasse.
Legende: Die Sorge in den arabischen Ländern ist gross, dass es im Nahen Osten zu einem Flächenbrand kommen könnte. Keystone/REHAN KHAN

Europa – Krisenmission als Drahtseilakt

Westliche Staaten wie Deutschland, Frankreich und Grossbritannien wollen den Iran zurück an den Verhandlungstisch bringen. Sie wollen Teheran bei seinen Atomvorhaben zum Einlenken bewegen und so zur Deeskalation beitragen. Der Vorstoss kommt vom deutschen Aussenminister Johann Wadephul. Er war bereits im Nahen Osten auf Krisenmission.

Alexandra Gubser

Deutschland-Korrespondentin

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Alexandra Gubser ist seit Sommer 2022 Deutschland-Korrespondentin von SRF. Zuvor berichtete Gubser aus Frankreich. Sie ist seit 2007 für das Unternehmen als Produzentin, Redaktorin und Reporterin der «Tagesschau» tätig. Davor arbeitete sie für Medien wie «TeleZüri» oder «Radio 24».

Hier finden Sie weitere Artikel von Alexandra Gubser und Informationen zu ihrer Person.

«Für Deutschland ist es ein diplomatischer Drahtseilakt. Zwar hat die Bundesrepublik gute Kontakte zum Iran, unterhält von allen europäischen Staaten die grösste diplomatische Vertretung in Teheran. Gleichzeitig ist Israels Existenzsicherung aber auch deutsche Staatsräson. Bundeskanzler Friedrich Merz betont, fest an der Seite Israels zu stehen. Gleichzeitig kritisiert er das harte Vorgehen der Regierung Netanjahu im Gazastreifen scharf. Diese Balance zwischen Solidarität und Kritik verschafft Deutschland Glaubwürdigkeit und damit mehr diplomatisches Gewicht.»

Und die Schweiz – kann sie deeskalieren?

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Die Schweiz ist Schutzmacht der USA im Iran – eine diplomatische Brücke, über die beide Länder miteinander reden. Der Kommunikationskanal wird von beiden Seiten aktuell rege genutzt, wie Monika Schmutz Kirgöz vom Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten EDA sagt. Ein Teil des diplomatischen Personals der Schweiz sei weiterhin vor Ort in Israel und im Iran – trotz täglichem Beschuss.

«Wir sagen so wenig wie möglich, aber ich kann ihnen sagen, es ist sehr intensiv. Vor allem auch vor Ort in Teheran. Das heisst, unsere Botschafterin ist regelmässig im Aussenministerium, nimmt dort Mitteilungen entgegen und wir übermitteln sie nach Washington», so Schmutz Kirgöz gegenüber SRF.

USA – Dilemma zwischen Chance und Krieg

Noch vor Kurzem wollte US-Präsident Donald Trump einen Atomdeal zustande bringen. Jetzt ist gar die Rede von einem möglichen Kriegseintritt der USA. Am Donnerstag hiess es: Trump werde innerhalb der nächsten zwei Wochen entscheiden, ob die USA Iran angreifen.

Pascal Weber

USA-Korrespondent

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Pascal Weber arbeitet seit 1999 für SRF. Als Redaktor und Produzent war er zunächst in der Sportredaktion tätig, danach bei «10vor10». Von 2010 bis 2021 war er als Korrespondent im Nahen Osten. Er lebte zuerst in Tel Aviv, dann lange Jahre in Kairo und Beirut. Nun arbeitet er für SRF in Washington.

«Trump hat zwar laut Wall Street Journal die amerikanischen Angriffspläne bereits grundsätzlich genehmigt – doch er zögert noch. Denn Trump steht vor einem Dilemma: Einerseits bietet sich ihm die vielleicht einmalige Chance, das iranische Atomprogramm entscheidend zu treffen. Andererseits will Trump die USA aus fremden Kriegen heraushalten – und das ist nicht nur ein Lippenbekenntnis. Trump bevorzugt ein Abkommen, und deshalb sagt er auch: Er werde seine Entscheidung bis zur letzten Sekunde hinauszögern.»

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10vor10, 19.6.2025, 21:50 Uhr ; 

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