Flüchtlingspolitik: Deutschland beharrt darauf, dass im Krisenfall alle EU-Staaten Flüchtlinge aufnehmen. Dies stellte die Bundeskanzlerin Angela Merkel beim EU-Gipfel klar. EU-Ratspräsident Donald Tusk hatte eine Grundsatzdebatte der Staats- und Regierungschefs angesetzt, weil die 28 Staaten seit Jahren keine gemeinsame Linie finden.
Mehrere östliche Staaten wie Polen, Ungarn und Tschechien weigern sich, Asylsuchende aus den Mittelmeerländern Italien und Griechenland aufzunehmen. Als Tusk vor dem Gipfel nahelegte, das Prinzip der Umverteilung von Flüchtlingen aufzugeben, stach er in ein Wespennest.
Visegrad-Länder: Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn versuchten kurz vor dem Gipfel, die Wogen mit einer Finanzzusage zu glätten: Sie versprachen rund 35 Millionen Euro für ein von Italien geleitetes Projekt zur Grenzsicherung in Zusammenarbeit mit Libyen, das Flüchtlinge aus Afrika auf dem Weg nach Europa aufhalten soll.
«Wir tun das, weil wir an die Einigkeit der Europäischen Union glauben», sagte Ungarns rechtskonservativer Ministerpräsident Viktor Orban. Man habe in der Flüchtlingspolitik ein Feld gefunden, auf dem man kooperieren könne. EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker würdigte die Geste als «Nachweis, dass die Visegrad-Vier voll dabei sind, wenn es um Solidarität mit Italien und anderen geht».
Geschlossenheit: Ratspräsident Tusk äusserte sich zu seinem umstrittenen Vorstoss nicht mehr im Detail, mahnte aber zur Geschlossenheit auch in der EU-Frage. Denn die jüngsten Erfolge bei den Brexit-Verhandlungen und beim Aufbau einer Verteidigungsunion zeigten, dass die EU sehr erfolgreich sei, wenn sie geschlossen auftrete.
Pesco: Die kürzlich gestartete Verteidigungs-Zusammenarbeit – nach dem englischen Kürzel Pesco genannt – wurde auf dem Gipfel als grosser Fortschritt gefeiert. Merkel und die Chefs der übrigen 24 teilnehmenden Länder würdigten den Schritt bei einer kurzen Zeremonie. Tusk sprach von einem Traum, der Wirklichkeit geworden sei. Die neuen Strukturen stärkten die europäische Verteidigung und damit auch die Nato.
Russland: Die europäischen Wirtschaftssanktionen gegen Russland werden wegen der unzureichenden Fortschritte im Friedensprozess für die Ukraine erneut verlängert. Darauf einigten sich die Staats- und Regierungschefs, wie EU-Ratspräsident Tusk im Internetdienst Twitter mitteilte.
Die EU hatte die Sanktionen trotz Milliardenverlusten für heimische Unternehmen zuletzt im vergangenen Sommer bis zum 31. Januar 2018 verlängert. Sie sollen nun weitere sechs Monate gelten. Im Sommer 2016 war beschlossen worden, die Handels- und Investitionsbeschränkungen erst dann aufzuheben, wenn die Vereinbarungen des Minsker Friedensplanes zum Ukraine-Konflikt komplett erfüllt sind. Dies ist noch nicht der Fall.