Warum findet der EU-Lateinamerika-Gipfel gerade jetzt statt? Der russische Angriff auf die Ukraine und das immer kühlere Verhältnis zu China schärfen Europas Blick auf andere Weltregionen. Erstmals seit acht Jahren kommen die Staaten der EU und die Staaten der sogenannten Gemeinschaft der Lateinamerikanischen und Karibischen Staaten (Celac) wieder zu einem Gipfel zusammen. In Zukunft sollen die Treffen wieder häufiger – alle zwei Jahre – stattfinden.
Worüber sprechen die mehr als 50 Staat- und Regierungschef? Thema ist unter anderem der Krieg in der Ukraine. Hier gibt es teilweise grosse Differenzen zwischen den Staaten der EU und lateinamerikanischen Staaten. Die autoritären Staaten Kuba, Venezuela und Nicaragua unterstützen Russland offen. Länder wie Mexiko, Argentinien oder Brasilien verurteilen Russland zwar, lehnen aber harte Sanktionen ab.
Seit Jahren auf der Agenda das Freihandelsabkommen zwischen der EU und den Mercosur-Staaten Argentinien, Brasilien, Paraguay und Uruguay. Auch darüber wird am Gipfel gesprochen. Doch auch wenn es zurzeit das wichtigste politische Thema zwischen der EU und Lateinamerika ist, ist am Gipfel kein Durchbruch zu erwarten. Ein solches Abkommen würde unter anderem Zölle auf landwirtschaftliche Produkte wie Rindfleisch oder Soja abbauen.
Wie ist der Stand beim EU-Mercosur-Abkommen? Das Abkommen ist eigentlich seit 2019 ausverhandelt. Verschiedene EU-Staaten wollen es aber nicht ratifizieren. Einigen werden Aspekte des Klima- und Umweltschutzes, etwa der Schutz des Regenwaldes im Amazonas, zu wenig berücksichtigt. Andere Länder befürchten, dass die europäische Landwirtschaft durch Importe aus Südamerika – beispielsweise von Rindfleisch – unter Druck kommen könnte. Auch Umweltschutzorganisationen und Landwirtschaftsverbände stellen sich gegen das Abkommen. Die EU-Kommission will das Abkommen nun aktualisieren.
Ist mit einer baldigen Einigung beim EU-Mercosur-Abkommen zu rechnen? Erklärtes Ziel der EU-Kommission und der spanischen EU-Ratspräsidentschaft ist es, bis Ende Jahr ein aktualisiertes Abkommen auszuhandeln. Es scheint aber völlig offen, ob dies gelingt. Der brasilianische Präsident Lula forderte zuletzt einen stärkeren Schutz für kleinere brasilianische Unternehmen. In der EU stehen beispielsweise Frankreich und Österreich einem Abkommen noch immer kritisch gegenüber. Verschiedene Umweltorganisationen und Landwirtschaftsverbände lehnen auch eine aktualisierte Version eines Freihandelsabkommens ab. Schwierige Verhandlungen sind daher absehbar.