- Im italienischen Triest hat gestern die jährliche Westbalkan-Konferenz stattgefunden.
- Daran teilgenommen haben die Regierungschefs von Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo.
- Nach zuletzt heftigen innenpolitischen Kontroversen in einigen der Länder wiederholten sie ihren Wunsch, EU-Mitglied zu werden. Die EU möchte ihnen den Weg dahin ebnen.
Die EU hat die Beitrittsperspektive für die Länder des Westbalkans bekräftigt. Die Zukunft dieser Staaten liege in der EU, heisst es in der Abschlusserklärung des Gipfeltreffens mehrerer EU-Länder mit Serbien, Montenegro, Albanien, Mazedonien, Bosnien-Herzegowina und dem Kosovo am Mittwoch in Triest.
Alle sechs Staaten der Region bewerben sich um einen EU-Beitritt. Auf EU-Seite nahmen unter anderem die deutsche Kanzlerin Angela Merkel, Italiens Ministerpräsident Paolo Gentiloni, Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini an dem Gipfeltreffen teil.
Beschlüsse zugunsten der regionalen Wirtschaft
Beschlossen wurde ein Aktionsplan für einen gemeinsamen Wirtschaftsraum und ein Abkommen zum Ausbau der Verkehrsnetze. Das Ziel: Die sechs Westbalkanstaaten sollen untereinander mehr Handel treiben und damit ihre Wirtschaft und die Beziehungen zueinander stärken.
Merkel betonte, die Staaten sollten sich weiterhin gut entwickeln und schrittweise auf die EU hinbewegen können: «Politische Stabilität in dieser Region ist auch Stabilität für uns.» Gentiloni und Macron sicherten der Region europäische Solidarität zu, pochten aber auch auf verstärkte Reformen, den Kampf gegen Korruption und eine grössere Zusammenarbeit der Länder untereinander.
Wie greifbar der EU-Beitritt wirklich ist, werde sich noch zeigen müssen, so die Bilanz von Auslandredaktor und Balkan-Kenner Christoph Wüthrich. «Die EU ist derzeit vollauf mit dem Brexit beschäftigt.» Dass sie nun vorwärts mache, mache aber klar, «dass sie realisiert hat, dass sie auf dem Westbalkan ein Problem hat».
Interne Querelen und Druck aus dem Osten
In den letzten Monaten hatte es in Mazedonien und Bosnien innenpolitische Spannungen gegeben, über die sich die EU besorgt gezeigt hatte. «Zusätzlich drängen die Türkei und Russland hinein und machen ihren Einfluss geltend», so Wüthrich. Der EU-Beitritt stösst aber auch auf dem Balkan selbst auf Widerstand.
So will zum Beispiel Bosnien als einziges Land nicht beim Ausbau der Verkehrsnetze mitmachen. «Nationalistischer Egoismus ist stärker als wirtschaftliche Perspektiven, die allen zugutekommen würden», erklärt Wüthrich das Ausscheren. An EU-Geldern sei man dort zwar durchaus interessiert. Aber einige Politiker störten sich daran, dass sie ihren Rechtsstaat europäischen Standards anpassen müssten. «Sie spielen deshalb auf Zeit.»