- Das EU-Parlament hat Plänen zur Reform des EU-Urheberrechts mit den umstrittenen Upload-Filtern vorerst eine Absage erteilt.
- Die Abgeordneten stimmten mit 318 zu 278 Stimmen dagegen, dass die Verhandlungen über die aktuelle Gesetzesfassung in die nächste Runde mit den Mitgliedstaaten gehen.
- Der Widerstand bei Internetaktivisten und Plattformbetreibern war gross.
Ein umstrittener Entwurf zum Urheberrecht stand heute im EU-Parlament zur Abstimmung. Nachdem es verworfen wurde, wird sich das Parlament voraussichtlich im September noch einmal mit dem Entwurf befassen und Änderungen beschliessen. Die Abgeordneten könnten ihn dann auch verwerfen.
Im Zentrum der Debatte stehen vor allem zwei ursprünglich geplante Neuerungen. Zum einen handelt es sich um die sogenannten Upload-Filter, also Software, mit der Internet-Plattformen vorab überprüfen können, ob hochgeladenes Material urheberrechtlich geschützt ist.
Mit den neuen EU-Regeln wären Webseiten wie Youtube in der Pflicht, sich auch bei von Nutzern hochgeladenen Inhalten bei Rechteinhabern eine Zustimmung einzuholen. Bislang müssen Plattformen erst im Nachhinein reagieren, sobald festgestellt wird, dass Rechte verletzt werden.
Rechteinhaber sollen mehr Geld erhalten
Zum anderen geht es um das Leistungsschutzrecht. Demnach dürfen Portale wie Google News künftig nicht mehr ohne Weiteres Überschriften oder kurze Ausschnitte von Pressetexten in ihren Ergebnissen anzeigen dürfen. Sie sollen die Verlage um Erlaubnis bitten – und gegebenenfalls dafür bezahlen.
Mit der Reform hätten Zeitungsverlage, Autoren, Plattenfirmen und andere Rechteinhaber mehr vom Verdienst der grossen Internet-Unternehmen erhalten sollen. Denn Urheberrechte würden im Netz massenhaft verletzt, argumentiert der CDU-Europaabgeordnete Axel Voss: «Die Schäden sind immens.»
Gegner sehen nicht Vor-, sondern Nachteile für Verleger
Kritiker der Reform fürchten den Tod von Online-Plattformen, da sich kleine Seitenbetreiber keine teuren Upload-Filter leisten können. Und: sie sehen mit diesem Filter eine Zensur-Gefahr. Ausserdem seien Upload-Filter fehleranfällig, es sei im Einzelfall schwierig festzustellen, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt oder nicht.
Das Leistungsschutzrecht steht unter Verdacht, nicht Vor-, sondern Nachteil für Verleger zu sein. Gegner geben zu bedenken, dass Verleger darauf angewiesen sind, von Suchmaschinen gelistet zu werden. Gegenüber Google und Co. und hätten sie eine schwache Verhandlungsposition.
Italienisches Wikipedia ging aus Protest offline
Wer zuvor einen italienisch-sprachigen Wikipedia-Eintrag suchte, erhielt die Aufforderung, sich mit seinem zuständigen Europa-Parlamentarier in Verbindung zu setzen. Ein Protest gegen die Vorlage.
Jimmy Wales, Mitbegründer von Wikipedia befürchtete, dass es mit der Reform nicht mehr möglich gewesen wäre, Links zu Zeitungsartikeln kostenlos anzubieten. Er befürchtete eine Schliessung von Wikipedia. Auch andere Internet-Aktivisten und Netzpolitiker verschiedener Parteien sahen darin eine Gefahr für das Internet. Mittlerweile, also nach dem Nein zur Vorlage, ist die italienische Wikipedia-Seite wieder online.