SRF News: Wie genau kam dieser Friede zu Stande?
Kathrin Utz Tremp: Nach der blutigen Niederlage der Schweizer bei der Schlacht von Marignano 1515 gegen die Franzosen standen die Eidgenossen unter Schock und suchten deswegen den Frieden. Es gab schnell ein erstes Abkommen, das in Genf unterzeichnet wurde. Damit waren jedoch nicht alle Eidgenossen einverstanden, so dass rund ein Jahr lang weiter verhandelt werden musste – bis zum Abkommen von Freiburg.
Der französische König François drängte auf diesen Frieden. Er zahlte den Eidgenossen auch viel Geld. Aber eigentlich war er ja der Sieger von Marignano. Warum also tat er dies?
Das ist paradox, aber der König wollte die eidgenössischen Söldner auf seiner Seite haben. Diese waren immer noch schlagkräftig. Er wollte sicher sein, dass sie niemandem anderen helfen. König François war auch nicht der einzige, der auf ein Bündnis drängte. Der deutsche Kaiser, die englischen und spanischen Könige sowie der Papst, sie alle haben damals um die Gunst der Eidgenossen geworben.
Die Eidgenossen waren ein kriegerisches Volk.
Freiburg war schon damals zweisprachig und konnte so gut vermitteln
Das waren sie, wobei Marignano dabei eine Art Wendepunkt war. Die Eidgenossen waren Infanterie, der französische König hatte bereits Kanonen. Dem waren die Schweizer nicht mehr gewachsen.
Warum wurde dieser Vertrag ausgerechnet in Freiburg im Uechtland unterzeichnet?
Freiburg hatte damals als einziger der 13 eidgenössischen Orte eine zweisprachige Kanzlei. Sie konnte also zwischen den deutschen und den französischen Gesandten vermitteln und Dokumente rasch übersetzen. Freiburg hat hier seine Kompetenzen gut ausgespielt. Auch die Schlussurkunden, sowohl die deutsche Version wie auch die lateinische, wurden vom Freiburger Stadtschreiber geschrieben.
Die Schlacht bei Marignano und der ewige Frieden von Freiburg gelten bei einigen als Geburtsstunden der Schweizerischen Neutralität. Ist da was dran?
Nein, das ist falsch. Wenn man einen Frieden schliesst und kurz darauf ein Bündnis mit dem stärksten Nachbarn ist das noch lange keine Neutralität. Für die Eidgenossen wurde es zu jener Zeit immer schwieriger, eine Aussenpolitik zu betreiben, weil man sich auf keine gemeinsame Linie einigen konnte. Dazu kam die konfessionelle Spaltung. Die Schweiz ist dann 1815 auf dem Wiener Kongress von aussen «neutralisiert» worden, also erst viel später.
Hat man sonst etwas gelernt aus diesem ewigen Frieden?
Das ist schwer zu sagen. Er hat die Ausrichtung der Eidgenossenschaft und vor allem der westlichen Kantone auf das «Ancient Regime», auf die französische Kultur geprägt. Besonders Freiburg hatte enge Beziehungen zum französischen Thron, viele Freiburger sind in fremden Diensten gestorben.
Auch heute leben noch 200'000 Schweizer in Frankreich, eine grosse Population.
Ja, das ist durchaus ein Erbe des «Ewigen Friedens» und des späteren des Bündnisses mit Frankreich.
Das Gespräch führte Patrick Mühlhauser.