Zum Inhalt springen

Experiment in Höhle Spanierin lebte 500 Tage unter der Erde – «Jetzt erstmal duschen»

  • Die Spanierin Beatriz Flamini hat freiwillig 500 Tage in vollkommener Isolation unter der Erde gelebt.
  • Die 50-Jährige verliess am Freitag eine rund 70 Meter tief gelegene Höhle in der südspanischen Provinz Granada.
  • Forscher wollen mit dem Experiment die Auswirkungen der vollkommenen Isolation untersuchen.

«Ich habe diese ganze Zeit mit niemandem gesprochen, nur mit mir selber», sagte die 50 Jahre alte Bergsteigerin, Kletterin und Höhlenforscherin wenige Minuten nachdem sie am Freitag um 09:07 Uhr mit einem breiten Lächeln und unter grossem Medienrummel aus dem Loch geklettert war.

Ich habe diese ganze Zeit mit niemandem gesprochen, nur mit mir selber.
Autor: Beatriz Flamini Bergsteigerin und Höhlenforscherin

«Ich werde euch schon erzählen, wie es da unten war. Aber wenn ihr es erlaubt, gehe ich jetzt erstmal duschen, denn ich habe seit anderthalb Jahren kein Wasser mehr angerührt», sagte sie lachend vor den Kameras des Fernsehsenders RTVE und anderer Medien, die stundenlang live berichteten.

Zwei Frauen umarmen sich.
Legende: Nachdem Flamini wieder ans Tageslicht gekommen war, umarmte sie als erstes rund zehn Minuten lang Angehörige, Freunde und Forscher, die das Projekt geleitet und begleitet haben. Keystone / EPA / Alba Feixas

Flamini, laut Medien eine «Elitesportlerin», machte gesundheitlich und emotional einen guten Eindruck, obwohl sie zunächst etwas Schwierigkeiten hatte, das Gleichgewicht zu halten, wie sie einräumte. Entgegen der Empfehlung nahm sie bei strahlendem Sonnenschein nicht nur den Schutzhelm, sondern auch die dunkle Brille ab. In ihrem ersten kurzen Statement bezeichnete sie die Erfahrung als «ausgezeichnet, nicht zu übertreffen, nicht zu übertreffen!».

Weltrekord gebrochen

Das auf Video festgehaltene Projekt «Timecave» wurde von Forschern verschiedener Disziplinen der Universitäten Granada und Almería geleitet und begleitet. Nach ihren Angaben hatte Flamini seit Beginn des Experiments im November 2021 überhaupt keinen Kontakt zur Aussenwelt, sie hatte keine Uhr und kein Telefon. Sie verfügte über Strom und einen Laptop, mit dem sie zwar Information an die Aussenwelt habe senden, aber nicht empfangen können.

Frau macht Sportübung in der Höhle.
Legende: Flamini dokumentierte ihr alltägliches Leben in der Höhle (hier im November 2021). Reuters / Dokumalia Producciones

Nach Angaben der spanischen Forscher hat Flamini den «Weltrekord» der Italienerin Christine Lanzoni gebrochen, die 2007 genau 269 Tage in einer Höhle verbracht hatte. «Das ist ein unvergesslicher Tag», sagte der Höhlenforscher Paco Morales zu RTVE.

Auswirkungen vollkommener Isolation

Das Experiment war aber keineswegs nur eine «Mutprobe». Die Forscher wollen die Auswirkungen der vollkommenen Isolation untersuchen und unter anderem ermitteln, ob diese zu neuropsychologischen und kognitiven Veränderungen geführt hat. Es soll auch eine Dokumentationssendung darüber geben.

Flamini hatte in der Höhle ein Zelt. Das Team versorgte sie regelmässig mit insgesamt eineinhalb Tonnen Lebensmitteln, Wasser, Kaffee und sonstigem Material, das in einer «Sicherheitszone» hinterlassen wurde. Diese Zone wurde per Kamera rund um die Uhr überwacht.

Frau hebt den Arm.
Legende: Flamini hatte in der Zeit gar keinen Kontakt zur Aussenwelt. So hatte sie bisher keine Ahnung vom Ukraine-Krieg und wusste auch nicht, dass die Corona-Pandemie vorbei ist. Keystone / EPA / Alba Feixas

Flamini musste aus Sicherheitsgründen dort regelmässig vorbeischauen, «damit wir sicher sein konnten, dass es ihr gut geht», sagte Morales. In der Einsamkeit habe die Abenteurerin viel philosophiert, erzählte der Höhlenforscher. «Sie hat uns Videos geschickt, 60 Bücher gelesen und hat Gedichte und Erzählungen geschrieben.» Es habe natürlich auch mal schwere Momente gegeben.

«Zeit verging wie im Flug»

An einer Medienkonferenz, die kurz nach Abschluss ihrer Ausdauerleistung stattfand, zeigte Flamini, dass sie auch nicht ichbezogen ist. «Ich tue das auch, weil ich denke, dass es dazu beitragen kann, zu helfen und (das Leben anderer Menschen) zu verbessern».

Für mich fühlt sich das nur wie 160, 170 Tage an.
Autor: Beatriz Flamini

Sie habe viel gelernt und denke, dass sie nun «ein besserer Mensch» sei. Die Erfahrung habe sie «genossen», die Zeit sei wie im Flug vergangen. «Für mich fühlt sich das nur wie 160, 170 Tage an.»

Tagesschau, 15.04.2023, 19:30 Uhr ; 

Meistgelesene Artikel