Weissrussland liefert seit Wochen negative Schlagzeilen: Wahlbetrug, Verhaftung Oppositioneller und Demonstranten. Was sagt die weissrussische Botschaft in Bern dazu? Wie sieht sie die Beziehungen zur Schweiz? SRF hat die erhaltenen Antworten einem Faktencheck unterzogen:
Wie beurteilen Sie das Verhältnis zwischen den beiden Staaten?
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Botschaft Weissrusslands
: In der letzten Zeit haben sich die bilateralen Beziehungen deutlich intensiviert und eine neue Qualität erlangt. Wir sind unverändert tief davon überzeugt, dass die Erweiterung der bilateralen Zusammenarbeit auf allen Gebieten in vollem Masse den Interessen unserer Länder und Völker entspricht.
Faktencheck:
Dies stimmte bis zu den Wahlen am 9. August. Heute ist die Ausgangslage anders. Mit Ignazio Cassis besuchte im Februar 2020 tatsächlich erstmals ein Bundesrat in Minsk Präsident Alexander Lukaschenko. Im Nachgang zu den Protesten hat die Schweiz Weissrussland zur Freilassung aller Festgenommen aufgerufen. Die Schweiz reagierte zurückhaltender als die EU. Diese anerkennt das Resultat der Wahlen nicht und berät über Sanktionen. In der Vergangenheit hat die Schweiz Sanktionen der EU gegenüber Weissrussland übernommen.
Wie reagieren Sie auf die Forderung, Demonstrationen zuzulassen?
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Die Stellungnahme des EDA wurde umgehend an das Aussenministerium der Republik Belarus weitergegeben. Auch in den anschliessenden Telefongesprächen zwischen den Aussenministern unserer Länder haben sich die Seiten zur Lage in Belarus ausgetauscht. Selbstverständlich haben wir Einschätzungen und Wünsche der Schweizer Seite respektvoll zur Kenntnis genommen.
Die Entwicklungen der letzten Tage zeigen, dass friedliche Demonstrationen nicht gehindert oder aufgelöst werden, obwohl deren Teilnehmer geltende Gesetze und Regelungen für die Durchführung von Massenveranstaltungen stetig verletzen. Auch festgenommene Demonstranten wurden, nach Angaben des Innenministeriums, zum grossen Teil in wenigen Tagen nach der Festnahme freigelassen.
Faktencheck:
Die Aussagen zur Entwicklung stimmen nicht. Allein am Dienstag sind 50 Personen bei friedlichen Demos festgenommen worden. Am Montag wurden zwei Mitglieder des Koordinationsrates der Opposition festgenommen und verurteilt. Unter den Festgenommenen befanden sich auch 25 Arbeiter einer Fabrik. Ihr Streikführer ist nach Warschau geflüchtet. Auch andere Demonstranten sind aus Angst vor Repressionen ausgereist.
Die OSZE durfte die Wahlen nicht beobachten. Was sagen Sie dazu?
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Das Aussenministerium der Republik Belarus hat die offizielle Einladung für die Zusendung einer Wahlbeobachtungsmission an die OSZE am 15. Juli 2020 ausgesprochen. Es war zwar etwas später als üblich, aber dafür gab es eine Reihe guter Gründe, die wir den Partnern im Voraus mitteilten. Das OSZE-Büro hätte, zum Beispiel, im abgekürzten Format kommen können, wie es auch in anderen Ländern in der Zeit der Covid-Pandemie der Fall war.
Faktencheck:
Laut der OSZE stimmt dies so nicht. Sie erklärte am 15. Juli, dass man aufgrund einer fehlenden Einladung aus Minsk die Wahlen nicht beobachten könne. Damit hätten die weissrussischen Behörden bestätigt, dass es keine Bereitschaft gäbe, mit Wahlbeobachtern zusammenzuarbeiten. Gegen mehrere Oppositionelle wurden dieses Jahr umstrittene Strafverfahren eingeleitet und zwei nicht zugelassene Kandidaten sitzen noch im Gefängnis.
Warum ging man brutal gegen friedliche Demonstranten vor?
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Die belarussische Seite bewertet die Massenausschreitungen, die in mehreren belarussischen Städten vom 9. bis 11. August 2020 passiert sind, nicht per se als friedlich. Nach Angaben des Innenministeriums von Belarus sind infolge der Unruhen insgesamt 121 Polizisten verletzt worden. Die Ermittlungsbehörden haben über 90 Strafverfahren eingeleitet. Viele der in medizinische Einrichtungen gebrachten Protestierenden waren alkoholisiert.
Faktencheck
: Die weissrussischen Behörde haben keine Belege vorlegen können, dass Gewalt zuerst von Demonstranten ausgegangen ist. Es wurden zwar Barrikaden gebaut – aber erst, nachdem Sondereinheiten gegen Demonstranten vorgegangen waren. Während Verfahren in Fällen von verletzten Polizisten eröffnet worden sind, wurde in den 450 dokumentierten Fällen von Misshandlungen durch Sicherheitskräfte keine Untersuchung eingeleitet. Bezüglich der drei Todesopfer stellen sich die Behörden auf den Standpunkt, es handle sich um Selbstverschulden.
Demonstranten werden laut Aussagen misshandelt. Was sagen Sie?
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Die Botschaft ist nicht befugt und auch nicht fähig, Rechts- und Verhältnismässigkeit der Handlungen von Rechtsschutzorganen und deren Beamten zu bewerten. Das ist die Aufgabe der zuständigen belarussischen Behörden. Der Innenminister der Republik Belarus hat öffentlich zugesichert, dass alle Fälle von Gewaltanwendung und Amtsmissbrauch durch die Polizei nach der Stabilisierung der Lage im Land streng geprüft werden sollen. Der Innenminister hat die Verantwortung für Verletzungen von zufällig betroffenen Personen übernommen und sich dafür entschuldigt.
Faktencheck:
Stimmt grösstenteils nicht. Die Entschuldigung ist erfolgt, doch sie ist nicht glaubwürdig. Lukaschenko hat Orden an Personen verliehen, die an Festnahmen beteiligt waren. Laut Augenzeugen hat der stellvertretende Innenminister persönlich in einem Untersuchungsgefängnis Festgenommene geschlagen. Weiterhin sind noch nicht alle Festgenommen freigelassen worden. Viele erhielten tagelang kein Essen. Bei ihrer Freilassung wurde ihnen aber eine Rechnung gestellt für «Verpflegung».
Warum geht Alexander Lukaschenko nicht auf die Opposition ein?
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Die Situation in Belarus ist eine innere Angelegenheit unseres Landes, es darf keinesfalls Einmischung von Aussen geben. Wir bleiben Nachbarn und Partner in Europa und es ist auch im Interesse jedes europäischen Staates, Belarus als einen stabilen, verantwortungsvollen, berechenbaren Partner zu haben.
Wir glauben immer noch an Perspektiven und Möglichkeiten von normalen, gutnachbarschaftlichen und zivilisierten Beziehungen zwischen Belarus und anderen Ländern im allgemeinen Interesse – ohne Sanktionen und Drohungen, die nur ein Weg ins Nirgendwo sein können.
Faktencheck:
Stimmt grösstenteils nicht. Korrekt ist, dass es sich grundsätzlich um innenpolitische Angelegenheiten handelt und es im Interesse Europas wäre, mit Weissrussland einen guten Partner zu haben. Doch Präsident Lukaschenko lässt Militärübungen an der Grenze zu Polen und Litauen durchführen. Seit den Wahlen hat er dreimal mit dem russischen Präsidenten Wladimir Putin telefoniert, aber war telefonisch weder für die deutsche Bundeskanzlerin noch den französischen Präsidenten erreichbar. Er zeigte sich mit einer Kalaschnikow neben seinem 15-jährigen, ebenfalls bewaffneten Sohn, und bezeichnete die Demonstranten als «Ratten».
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