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Einschätzungen aus Barcelona
Aus 10 vor 10 vom 27.10.2017.
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Falls Madrid auf Gewalt setzt «Es besteht die Gefahr ernsthafter Auseinandersetzungen»

Die katalanische Gesellschaft bleibt auch nach den Beschlüssen Madrids, die Region unter Zwangsverwaltung zu stellen, tief gespalten. Ziemlich in der Mitte zwischen Unionisten und Separatisten, sagt SRF-Korrespondent Erwin Schmid.

SRF: Wie kommen die Zwangsmassnahmen auf den Strassen in Barcelona an?

Erwin Schmid: Im Moment sind relativ wenig Menschen auf den Strassen Barcelonas. Einige Tausend vor dem Regierungsgebäude feiern eigentlich die Unabhängigkeitserklärung, aber gleichzeitig spürt man auch eine ganz grosse Verunsicherung, eine Anspannung. Man weiss nicht, was jetzt auf die Menschen zukommt. Es kreisen unaufhörlich Polizeihelikopter über der Stadt. Man sieht hier immer wieder auch ganze Konvois von Einsatzfahrzeugen der «Policía Nacional» durchfahren.

Viele Menschen sind frustriert und verärgert über die Politiker auf beiden Seiten.

Wenn ich mit den Leuten, mit Passanten spreche, dann sind viele frustriert und verärgert über ihre Politiker auf beiden Seiten, die nicht miteinander gesprochen haben und diese Eskalation der Situation einfach hingenommen haben.

Die Beziehung der Katalanen zum Staat Spanien scheint ja mit jedem Tag mehr lädiert, droht jetzt der Totalschaden?

Erwin Schmid

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Erwin Schmid berichtet seit 2001 für SRF. Zunächst als Bundeshaus-Korrespondent, später aus Österreich, Osteuropa und dem Balkan. Heute ist Schmid regelmässig als Sonderkorrespondent in Krisengebieten sowie in seiner einstigen Wahlheimat Barcelona im Einsatz.

Je nach Reaktion der Katalanen auf die Zwangsmassnahmen, die Mariano Rajoy angekündigt hat, droht zumindest eine grosse politische Instabilität. Wie werden die Katalanen auf diese Massnahmen reagieren? Wird Rajoy auch Gewalt einsetzen? Wir wissen nicht, was in den kommenden Tagen und Stunden hier passieren wird.

Dass Rajoy so schnell wie möglichst Neuwahlen ausrufen will, ist richtig. Er will den Katalanen die Autonomie damit möglichst rasch zurückgeben. Ob solche Neuwahlen die Situation aber beruhigen, ist zu bezweifeln. Denn die katalanische Gesellschaft ist nach wie vor tief gespalten, ziemlich in der Mitte zwischen Unionisten und Separatisten. Und mit jeder weiteren Eskalation wird es schwieriger, diesen Graben zu überbrücken.

Es besteht die Gefahr, dass es zu ernsthaften Auseinandersetzungen kommt.

Der spanische Regierungschef Mariano Rajoy hat kurz nach der Unabhängigkeitserklärung der Katalanen gesagt, der Rechtsstaat werde die Ordnung in Katalonien wieder herstellen. Was meint er damit?

Rajoy gilt als sturer Technokrat. Er glaubt, dass sich alle Probleme damit lösen lassen, dass man die Polizei schickt und Gerichte anruft. Wie Rajoy mit möglichem Widerstand der katalanischen Bevölkerung umgehen würde, hat er bisher offen gelassen. Es besteht die Gefahr, dass es zu ernsthaften Auseinandersetzungen auf der Strasse kommen könnte, wenn Rajoy mit massiver Polizeigewalt versuchen sollte, die Macht in Katalonien an sich zu reissen, indem er zum Beispiel Spitzenpolitiker verhaften lässt.

Vor der Parlamentsabstimmung über die Unabhängigkeit hat am Freitag in Barcelona die gesamte katalanische Opposition den Saal verlassen. Die Separatisten blieben also quasi unter sich. Was passiert jetzt mit jenen Katalanen, die bei Spanien bleiben möchten?

Erwin Schmid: «Es gibt kaum grosse Jubelausbrüche»
Aus Tagesschau am Vorabend vom 27.10.2017.

Ich denke, sie vertrauen wirklich auf den Rechtsstaat, auf die Gerichte und nicht zuletzt auch auf Mariano Rajoy. Sie werden sicher auch wieder auf die Strasse gehen. Jahrelang hat man ja von einer «schweigenden Mehrheit» in Katalonien gesprochen, welche die Unabhängigkeit ablehnt.

Vor zwei Wochen sind diese Leute zum ersten Mal massiv auf die Strasse gegangen. Sie beginnen sich also zu äussern. Dieser Entscheid heute wird diese Menschen in Katalonien sicher zusätzlich mobilisieren. Ich denke, diese Menschen haben die Hoffnung, bei Neuwahlen, die Rajoy ja erzwingen möchte, dem ganzen Spuk ein Ende zu setzen. Im Moment ist aber völlig offen, wer solche Neuwahlen für sich entscheiden würde.

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