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Flüchtende aus der Türkei Die Europäische Union muss handeln

Die Situation an der türkisch-griechischen Grenze spitzt sich zu. Seit der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan angekündigt hat, Flüchtende auf dem Weg in die Europäische Union über die Grenzen zu lassen, versammeln sich immer mehr Menschen an den Grenzen zur EU.

Hunderte sind auf dem Weg nach Griechenland oder Bulgarien. Mit Booten erreichen sie die griechischen Inseln Lesbos, Samos und Chios. Griechische Sicherheitsbehörden versuchen die Migrantinnen und Migranten an Grenzüberquerungen zu hindern und setzen dazu auch Tränengas ein.

Die EU-Grenzschutzbehörde Frontex teilt derweil mit, dass sie auf Bitten Griechenlands zusätzliches Personal und technische Ausrüstungen entsenden werde. Für alle Grenzen der EU mit der Türkei hat Frontex die Alarmstufe auf «hoch» gesetzt.

Uneinigkeit der EU-Staaten

Auf die derzeitige Situation hat EU-Kommissionspräsidenten Ursula von der Leyen auf Twitter reagiert: «Unsere oberste Priorität ist, dass Griechenland und Bulgarien unsere volle Unterstützung haben. Wir sind bereit, zusätzliche Unterstützung zu leisten, auch durch Frontex an der Landgrenze.»

EU-Migrationskommissar Margaritis Schinas fordert zudem eine Sondersitzung der EU-Innenminister. Aus einzelnen EU-Staaten gibt es bereits Forderungen. Die Migranten müssten an den Aussengrenzen gestoppt werden, sagt Österreichs Kanzler Sebastian Kurz. Sollte dies nicht gelingen, «wird Österreich seine Grenzen schützen. Eine Situation wie 2015 darf sich keinesfalls wiederholen.»

Ist das Migrationsabkommen Makulatur?

Die EU ist zum Handeln aufgefordert. Mit dem Migrationsabkommen zwischen der EU und der Türkei aus dem Jahr 2016 hat Präsident Erdogan der EU zugesagt, dass die Türkei Migrantinnen und Migranten aufhalten werde, welche in die EU wollen. Die Türkei erhält im Gegenzug unter anderem eine Milliardenhilfe, um die Menschen im Land zu unterstützen. Erdogan hält sich offenbar nicht daran und macht nun Druck auf die EU.

Er ist wegen des militärischen Konflikts in Idlib auf finanzielle Unterstützung angewiesen. Immer mehr Zivilisten flüchten aus der Provinz an die türkische Grenze. Zurzeit warten rund 1.5 Millionen Menschen auf den Einlass in die Türkei. Bereits 3.5 Millionen Syrer befinden sich in der Türkei.

Die EU hat lange darauf vertraut, dass sich Erdogan an das Migrationsabkommen halten wird. Die aktuelle Situation in der Türkei bedeutet zwar nicht das Ende des Abkommens, belegt aber deutlich die Abhängigkeit der EU von der Türkei. Dazu kommt die Situation in Syrien. Die Migrationsbewegung wird nicht aufhören, solange der Bürgerkrieg dort weitergeht.

Michael Rauchenstein

SRF-Korrespondent TV in Brüssel

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Während seines Studiums der Politikwissenschaft an der FU Berlin arbeitete Michael Rauchenstein zweieinhalb Jahre als freier Redaktor für SRF in Berlin. Nach einem Jahr in der Auslandredaktion (und bei der Arena) in Zürich ist er seit März 2020 TV-Korrespondent in Brüssel.

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