Das Wichtigste in Kürze
- Hilfsorganisationen und die heimische Presse kritisieren die Flüchtlingspolitik der serbischen Regierung scharf.
- Hinter dem Belgrader Busbahnhof hausen seit Monaten über 1000 Flüchtlinge in der Kälte. Die Flüchtlinge stammen vorwiegend aus Afghanistan und Pakistan .
- Die Geflohenen müssen sich vor Ort teilweise bei Minustemperaturen waschen und essen .
- Die serbische Regierung weist die Kritik zurück.
Wegen der unhaltbaren Zustände in einem der grössten Flüchtlingslager Europas in Belgrad steht die serbische Regierung in der Kritik. «Es gibt keinerlei Ausrede dafür, dass die Menschen sich selbst überlassen sind, dass sie frieren, hungern, zwischen Urin und Fäkalien schlafen und sich chronische Krankheiten einfangen», kritisierte am Sonntag das renommierte serbische Nachrichtenmagazin «Vreme» das Vorgehen der Regierung.
In den vergangenen Tagen hatten bereits Amnesty International sowie die Organisation Ärzte ohne Grenzen die schlechten Bedingungen der Flüchtlinge – insbesondere im Winter bei Schnee und Temperaturen weit unter zehn Grad Minus kritisiert. «Die Regierung und das UN-Kommissariat für Flüchtlinge haben sich für die Taktik der Erschöpfung entschieden», behauptet nun auch das serbische Magazin «Vreme».
Die Regierung habe demnach den Plan, den Flüchtlingen «den Aufenthalt so schwer wie möglich zu machen, damit sie verschwinden». Deshalb sei auch privaten Hilfsorganisationen verboten worden, Flüchtlinge in Belgrad mit Nahrung zu versorgen.
Serbien schiebt Flüchtlingen Schuld zu
Die serbische Regierung wies die Kritik zurück. «Es gibt mehr als genug Plätze in den Aufnahmezentren», sagte Arbeitsminister Aleksandar Vulin am Sonntag im staatlichen Fernsehen. Die Migranten lehnten das aber ab. Demgegenüber hatten private Hilfsorganisationen berichtet, diese Zentren seien voll.
Nach Angaben von Ärzte ohne Grenzen halten sich laut inoffiziellen Informationen der dortigen Behörden über 8500 Flüchtlinge in Serbien auf. In den Aufnahmezentren des Landes sind laut offiziellen Angaben 6000 Plätze verfügbar – davon aber lediglich 3140 winterfeste.
Neben Serbien verfolgt auch Ungarn eine unnachgiebige Haltung den Flüchtlingen gegenüber. So weigert sich die Regierung in Budapest die Grenzen für die Flüchtlinge aufgrund der Witterungsbedingungen zu öffnen.
Ungarn will Flüchtlinge internieren
Vielmehr sollten sich diese in Serbien registrieren lassen und vor Ort in die Unterkünfte gehen, sagte der ungarische Aussenminister Péter Szijjártó der «Welt». Dies wollten viele aber nicht. Der Grund: «Weil sie später in einem anderen Land Asyl beantragen wollen», sagte Szijjártó weiter. Ungarn lasse jedoch keine «illegale Weiterreise» durch sein Territorium zu.
Im Sinne einer solchen Regelung würde sich niemand im Land frei bewegen, niemand das Land oder die Transitzonen verlassen können
Zudem erwägt Ungarn die Einführung einer generellen «fremdenpolizeilichen Schutzhaft» für Asylbewerber. «Im Sinne einer solchen Regelung würde sich niemand im Land frei bewegen, niemand das Land oder die Transitzonen verlassen können», sagte Kanzleramtsminister Janos Lazar vergangenen Donnerstag in Budapest. Die Inhaftierung soll bis zum rechtskräftigen Abschluss des jeweiligen Asylverfahrens dauern. Zur Begründung der Massnahme führte Lazar die «gesteigerte Terrorgefahr» an.
Generelle Inhaftierung verstösst gegen EU-Recht
Eine generelle Inhaftierung von Asylbewerbern würde gegen europäisches Recht verstossen. Asylsuchende können nur dann – und auf individueller Basis – in Haft genommen werden, wenn sie ein Risiko für die Sicherheit des Aufnahmelandes darstellen.