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Folge des Regens in Australien Wegen Känguru-Babyboom wird das Wappentier mehr gejagt

Australiens Nationaltier vermehrt sich zurzeit explosionsartig. Der Abschuss von Millionen Tieren bleibt umstritten.

Seit Monaten sind weite Teile Australiens von starken Regenfällen betroffen. Von der Fülle an Wasser profitiert das Känguru. Denn Wasser bedeutet Gras und somit Futter für die ikonischen Tiere. Vielerorts vermehren sie sich so stark, dass Bauern und Jäger «zu wenig Kugeln haben», wie sie klagen.

Ein Schuss in der Nacht im Outback. Im Licht eines Scheinwerfers fällt ein Känguru tot um. Mehrere Millionen werden pro Jahr geschossen, obwohl Kängurus eigentlich geschützt sind. Doch Bauern kommen relativ einfach an Abschussbewilligungen, wenn auf ihrem Land die Population explodiert.

Ein «Joey» nach dem anderen

Der Babyboom ist das Resultat eines erstaunlichen biologischen Prozesses: In Dürrejahren können Kängurus das Wachstum ihres Fötus im Beutel stoppen. Wenn es wieder genügend Gras hat, vermehren sich die Tiere umso schneller. Es gibt einen «Joey» – so heissen die Kängurubabies – nach dem andern.

Kängurus
Legende: Tierschützer fordern seit langem ein Jagdverbot für das australische Wappentier. imago images/Wirestock

Das sind gute Zeiten für Ray Burda, Besitzer einer Kängurufleischfirma. Das Fleisch sei nachhaltig, erneuerbar und umweltfreundlich, erzählt er im Fernsehen. Zwar endet ein grosser Teil davon als Hundefutter. Doch seit Jahren stösst das fast cholesterinlose und chemiefreie Fleisch auch bei Feinschmeckerinnen und Feinschmeckern auf Anklang. Von Russland über Deutschland bis in die Schweiz.

Kommerzialisierung am Pranger

Der Anstieg der Kängurupopulationen und die höheren Abschussquoten haben die Diskussion um Sinn und Ethik der Kängurujagd erneut angeheizt. Kritiker klagen, die Kommerzialisierung eines Wildtieres fördere dessen Ausbeutung bis zum Aussterben.

Tierschutzorganisationen auch in Europa fordern von Firmen, Känguruprodukte aus den Regalen zu nehmen. Mit Erfolg. Die Europäische Union diskutiert ein Einfuhrverbot. Ein bekannter Sportartikelkonzern stellt schon seit Jahren keine Fussballschuhe aus Känguruleder mehr her.

Vom Aussterben bedroht?

Australiens Regierungen hätten die Massenabschlachtung von Kängurus erlaubt, weil die Industrie so mächtig sei, kritisierte jüngst Mark Parson im Parlament. Der Abgeordnete der Partei für Tierrechte in Sydney sprach von einer Millionenindustrie.

«Joey», Kängurubaby

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In Australien wird der Nachwuchs der Kängurus «Joey» genannt. Ein Joey wiegt bei der Geburt etwa ein Gramm. Das Neugeborene klettert ohne Hilfe aus der Gebärmutter und arbeitet sich aussen durchs Bauchfell der Mutter bis in den Beutel hoch. Nach etwa drei Zentimetern reisst die Nabelschnur und der Säugling ist im Beutel angelangt. In Australien gibt es rund 50 Millionen Kängurus. Das macht zwei Kängurus pro Kopf der Bevölkerung.

Alle Kängurus sind wildlebend, Farmen gibt es nicht. Auch werden nur vier endemisch vorkommende Känguruarten gejagt. Die Gefahr des Aussterbens besteht laut Experten nicht. Jäger müssen zudem strikte Abschussquoten einhalten.

Kopfschuss verlangt

Ein Fleischbeschauer prüft im Schlachthof jeden Tierkörper. Er muss sicherstellen, dass jedes Känguru durch einen Kopfschuss getötet worden ist. Augenblicklich, schmerzlos. Sonst droht dem Jäger der Verlust der Lizenz.

Rebekah Eyers von der Tierschutzorganisation RSPCA ist trotzdem skeptisch. Während der Jagd, also zur Zeit des grössten Risikos, gebe es keine Kontrolle. Tierschützer stellen immer wieder Videos von Fehlschüssen ins Internet – von schwer verletzten Tieren, die qualvoll sterben.

Forderung nach Jagdverbot

Das seien bedauernswerte Ausnahmen, sagt Peter Absalom. Profijäger wie er, seien Scharfschützen: «Ich will kein Geld verschwenden, indem ich daneben schiesse. Ich arbeite, um zu überleben.»

Das kümmert die Tierschützer wenig. Sie wollen ein Jagdverbot. Denn einen Kollateralschaden kann auch der beste Schütze nicht verhindern: Schiesst er nachts aus Versehen ein trächtiges Weibchen, muss er das «Joey» erschlagen. Denn allein hätte es im Outback keine Chance.

Echo der Zeit, 17.01.2023, 18:00 Uhr

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