Seit einer Woche brennen Holzpaletten und Pneus vor fast allen französischen Gefängnissen. Immer die gleichen Sprech-Chöre sind zu hören: «Wir fordern mehr Mittel, sofort!» Am Dienstagmorgen haben sich die Angestellten von 14 Strafanstalten geweigert, ihre Arbeit aufzunehmen. Vor 34 weiteren Gefängnissen im Land sind Strassenblockaden errichtet worden.
Die Sicherheit in den Gefängnissen wird von Reservepersonal und von Polizeikräften aufrechterhalten. Sie garantieren einen Mindestbetrieb ohne Gefängnisbesuche, ohne Aktivitäten wie Sport oder Arbeit, was die Spannungen weiter erhöht. Häftlinge provozieren Aufseher fast täglich und greifen sie mit Stichwaffen an. Diese wollen das nicht länger erdulden.
Zusätzliche Gefängnisse bitter nötig
Am Nachmittag fand darum eine weitere Verhandlungsrunde zwischen der Justizministerin und den Gewerkschaften statt. Die Gespräche ziehen sich dahin, weil es wenig zu verhandeln gibt, um die Arbeitsbedingungen für die Angestellten der Gefängnisse rasch zu verbessern. Denn Frankreichs Gefängnisse sind chronisch überfüllt: Es fehlen 10'000 bis 15'000 Plätze.
Viele Zellen sind doppelt belegt und in einem erbärmlichen Zustand. Experten- und parlamentarische Untersuchungskommissionen stellen das seit Jahren fest. Der Europarat und der Gerichtshof für Menschenrechte fordern von Frankreich ebenfalls seit Jahren drastische Verbesserungen. Vergeblich.
Immerhin, die Regierung hat im laufenden Budget und auch für die kommenden Jahre Gelder für den Bau neuer Gefängnisse gesprochen. Es dauert aber mehrere Jahre, bis neue Haftanstalten eröffnet werden können.
Zustände schrecken Berufsanwärter ab
Zudem hat die Regierung 1100 neue Stellen geschaffen. Viele Ausbildungsplätze können aber nicht besetzt werden, weil die harten Arbeitsbedingungen Bewerberinnen und Bewerber abschrecken.
Selbst höhere Einstiegssaläre und vielfältige Karrierewege konnten den Beruf nicht aufwerten. Auch darum stecken die Verhandlungen in der Sackgasse.
Immer radikalere, gewalttätigere Insassen
Paradox ist, dass sich in der Sache eigentlich alle einig sind: Den Strafvollzug gelte es grundlegend zu reformieren. So besetzen zu viele Gefangene Zellen für vergleichsweise kleine Delikte. Wegen der schwierigen Haftbedingungen driften die Verurteilten zudem immer weiter an den Rand der Gesellschaft und werden immer gewaltbereiter. Ausreichend dokumentiert ist auch die Tatsache, dass sich eine kleine Zahl Straffälliger im Gefängnis radikalisiert.
Letzter Ausweg aus der Krise scheint das Chequebuch zu sein. Die Justizministerin zeigt sich bereit, über punktuelle Lohnerhöhungen reden zu wollen und die Sicherheit in den Gefängnissen zu erhöhen, etwa mit einer minimalen Bewaffnung einzelner Sicherheitsleute. Das kann helfen, den aktuellen Konflikt bald zu beenden. Sie sind aber keine Lösungen, die grundlegenden Mängel im französischen Strafvollzug dauerhaft zu beheben.