So einig war sich Frankreichs Opposition selten: Beinahe zum ersten Mal stimmten linke und rechte Oppositionsparteien gemeinsam und versetzten damit die Regierung in die Minderheit. Diese hatte sich offensichtlich verkalkuliert.
Frankreichs Nationalversammlung hat eine Debatte über ein neues Migrationsgesetz abgelehnt. Doch einig ist sich die Opposition nicht in der Migrationspolitik. Das gemeinsame Nein gilt Präsident Macron und seiner Regierung.
Unheilige Allianz gegen Regierung
Das Migrationsgesetz war nach dem Muster gestrickt, das Präsident Macron zu seinem Markenzeichen gemacht hat: Eine Politik, die weder links noch rechts sein soll, sondern beides gleichzeitig.
Das Gesetz sollte in erster Linie die Prüfungsverfahren von Asylanträgen straffen, durch strengere Kriterien, kürzere Behandlungsfristen und einfachere Regeln beim Vollzug von Ausweisungen.
Gleichzeitig wollte die Regierung die Aufnahme von Sans-Papiers erleichtern, die in Branchen mit Personalengpässen tätig sind.
Theoretisch also enthielt das Gesetz für beide Seiten etwas, praktisch aber bot es für beide Seiten eine Zumutung. Die Rechte sieht in der Aussicht für Sans-Papiers auf einen legalen Arbeitsplatz eine Einladung zur ungebremsten illegalen Einwanderung. Die Linke bezeichnete höhere Hürden für die Migration als Verletzung der Menschenrechte. Sie stellte darum den Antrag auf Rückweisung und wurde dabei für einmal auch von der Rechten unterstützt.
Rückweisung könnte für Linke zum Bumerang werden
Damit ist das Migrationsgesetz zwar nicht vom Tisch. Aus Prestigegründen wird die Regierung ihr Gesetz kaum zurückziehen. Aber die Nationalversammlung hat die Weichen inhaltlich neu Richtung rechts gestellt. Denn bei der weiteren Beratung kommt nun der Senat zum Zug. Der wird klar von rechts dominiert und hat das Gesetz bereits in erster Lesung stark verschärft. Der Senat will auch Leistungen bei der Krankenversicherung kürzen, die Migranten beanspruchen können.
Diese Linie bekommt durch die Abfuhr in der Nationalversammlung jetzt Auftrieb. Die Regierung wird ihr bei der weiteren Beratung im Parlament nicht mehr viel entgegensetzen können.
De facto hat die Linke damit mit ihrem Rückweisungsantrag der Rechten einen Teppich ausgelegt, eine härtere Migrationspolitik durchzusetzen.
Die Rückweisung in der Nationalversammlung war für die vereinte Opposition in erster Linie eine Abstimmung über die Regierung. Über zwanzigmal hat das Parlament im vergangenen Jahr über formelle Misstrauensanträge gegen die Regierung abgestimmt und ist stets gescheitert. Mit dem Nein zur Debatte über das Migrationsgesetz hat die Nationalversammlung die Regierung zwar nicht stürzen können, aber gründlich blamiert.