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Was tun gegen den globalen Geburtenrückgang?
Aus Echo der Zeit vom 07.03.2024. Bild: IMAGO / Michael Gstettenbauer
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Frauen mit weniger Kindern Was tun gegen den globalen Geburtenrückgang?

In Südkorea liegt die Geburtenrate gerade noch bei 0.78 Kindern pro Frau – es ist die tiefste Rate der Welt. Allerdings beklagen Regierungen rund um den Globus den Rückgang der Geburtenzahlen. Der Demograf Wolfgang Lutz von der Universität Wien weiss mehr über die Hintergründe der Bevölkerungsentwicklung.

Wolfgang Lutz

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Der Demograf Professor Wolfgang Lutz lehrt und forscht an der Universität Wien zur Entwicklung der Bevölkerung auf dem Globus.

‏SRF News: Was sind geeignete Massnahmen, um den Geburtenrückgang zu stoppen?

Wolfgang Lutz: Ich bin skeptisch, ob Regierungen die Entwicklung des Geburtenrückgangs stoppen können. Es gibt zwar positive Beispiele wie die nordischen Länder oder Frankreich. Sie haben vergleichsweise höhere Geburtenraten, weil es dort für Frauen einfacher ist, Beruf und Familie zu verbinden – dank der besseren Verfügbarkeit von Kinderbetreuung. Ein grosses Rätsel ist jedoch, wieso in den nordischen Ländern die Geburtenrate in den letzten Jahren wieder gesunken ist.

Die Frauen in konservativen Gesellschaften müssen sich zwischen Familie und Karriere entscheiden.

Noch extremer ist der Geburtenrückgang in Südkorea, China oder Japan. In Europa ist die Geburtenziffer vor allem in Südeuropa sehr tief – in Italien oder Griechenland. Hier dürfte das konservative Familienbild eine Rolle spielen: Wenn die Frau ein Kind kriegt, bleibt sie zu Hause. Die Frauen – auch wenn sie gute Chancen auf eine berufliche Karriere haben – müssen sich dort zwischen Familie und Karriere entscheiden. Viele entscheiden sich dann gegen Kinder.

Warum ist es für die einzelnen Staaten ein Problem, wenn ihre Bevölkerung zurückgeht?

Das ist die grosse Frage. Denn bei der derzeitigen durchschnittlichen Geburtenrate in Europa von rund 1.5 Kindern pro Frau ist es gar nicht so schlimm – wenn wir in die Bildung und Ausbildung jedes einzelnen Kindes investieren. Wenn die Geburtenrate allerdings so stark absinkt wie in Südkorea, dann erneuert sich nicht einmal mehr die Hälfte der Generationen. Dann kann es angesichts grosser sozialer Diskontinuitäten und Unterschiede zwischen den Generationen tatsächlich problematisch werden.

Symbolbild: Mutter mit Kind betritt eine Kita.
Legende: Je besser die Kinderbetreuung gewährleistet ist, umso eher sind Frauen bereit, Kinder zu kriegen, sagt Professor Lutz. Denn so ist es möglich, dass sie trotz Familie ihre Karriere verfolgen können. Keystone/Christian Beutler

Manche sagen, das Problem sei, dass die Bevölkerung überaltert. Inwiefern kann die Einwanderung jüngerer Menschen dieses Problem lösen?

Den Begriff Überalterung lehne ich ab, ich spreche eher von reifen Gesellschaften. Und vielleicht ist es angesichts der guten Gesundheit der Älteren und ihrer guten Ausbildung und hohen Produktivität gar nicht so schlecht, wenn wir weniger Kinder haben. Denn so führt die Automatisierung nicht zu mehr Arbeitslosigkeit. Im Endeffekt sind es so weniger Menschen, die gut ausgebildet sind und länger sowie gesünder leben.

Viele Politiker wollen nicht, dass es weniger Leute von ihrer Nationaltität gibt – deshalb ist die Migrationsdebatte derart ideologisch aufgeladen.

Viele Politiker haben jedoch eine sehr nationalistische Sichtweise: Sie wollen nicht, dass es weniger Leute von ihrer Nationalität gibt. Gerade in Osteuropa geht es sehr stark um nationalistische Ideen. In dieser Sichtweise kann Migration keine Lösung für das angebliche Demografie-Problem sein. Deshalb ist die Migrationsdebatte auch so stark ideologisch aufgeladen.

Man könnte auch argumentieren: Weniger Menschen belasten den Planeten weniger stark, deshalb ist es doch gar nicht so schlecht, wenn die Geburtenrate sinkt ...

Das ist in einem gewissen Mass richtig. Allerdings haben gerade die reichsten Länder, in denen die Geburtenrate zurückgeht, den höchsten Klimagas-Ausstoss. In Afrika dagegen, wo die Bevölkerung stark wächst, ist der Pro-Kopf-Ausstoss an Klimagasen verschwindend gering. Aber klar: Die Anpassung an den Klimawandel – also an Überschwemmungen und Dürren – ist umso einfacher, je kleiner die Bevölkerungsdichte ist und je besser gebildet die Menschen sind.

Das Gespräch führte Brigitte Kramer.

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Echo der Zeit, 7.3.2024, 18:00 Uhr;

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