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Freihandelsabkommen EU-Japan Startschuss für grösste Freihandelszone der Welt

Brüssel und Tokio haben sich geeinigt. Kritiker monieren, Sozial- und Umweltstandards würden zu wenig durchgesetzt.

  • Die EU und Japan sind sich einig geworden, ein Freihandelsabkommen abzuschliessen.
  • Die Einigung ist auch ein Zeichen an US-Präsident Donald Trump, der dem Freihandel kritisch gegenübersteht.
  • Viele wichtige Punkte sind allerdings noch offen. Etwa in der Frage, wer in Streitfällen das Abkommen auslegen soll.
  • Kritiker monieren, Sozial- und Umweltstandards würden zu wenig durchgesetzt. Es sei mit Widerstand von Globalisierungskritikern zu rechnen.

Der japanischen Ministerpräsidenten Shinzo Abe, EU-Ratspräsident Donald Tusk und Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker geben sich bei ihrem gemeinsamen Auftritt in Brüssel sichtlich zufrieden. Das Ergebnis ihres Gipfeltreffens klingt erbaulich. Zumindest auf den ersten Blick.

Wird man sich einig, winkt der EU und Japan schon bald ein umfassendes Freihandelsabkommen. Sozusagen der kleine Bruder der Transpazifischen Partnerschaft TTP. Ein Freihandelsabkommen, dem mit der Abkehr Donald Trumps im Januar eines seiner Standbeine abhandengekommen ist.

Wir haben es geschafft.
Autor: Donald Tusk EU-Ratspräsident

Entsprechend aufgeräumt äussert man sich in Brüssel und anderswo. «Ein ausgewogenes und umfangreiches Abkommen, das europäische Schutzstandards sichert und mittelstandsfreundlich ausgestaltet ist», sei in Griffnähe, schreibt der Deutsche Industrie- und Handelskammertag.

Der Verband sieht in dem Abkommen grosses Potenzial. Beide Seiten würden davon profitieren, sagte der deutsche Aussenwirtschaftschef Volker Treier. Nicht weniger Zuversicht verströmten die Verhandlungsführer selbst.

«Wir haben es geschafft», sagte Tusk nach den Gesprächen mit Abe. Die Handelsgespräche zwischen der EU und Japan seien gelungen. Dies zeige, dass Europa sich immer mehr global engagiere. Juncker sagte, man sei sich «im Prinzip» bei dem Handelspakt einig geworden. Das setze Standards auch für andere. Sich abzuschotten, sei weder für die Weltwirtschaft, noch für Unternehmen noch für Arbeitnehmer gut, sagte er. Protektionismus schütze nicht wirklich.

Komplizierte Fragen sind offen

Freilich ist das Abkommen noch lange nicht unter Dach und Fach. EU-Beamte gehen von mehrmonatigen Verhandlungen aus. Insofern ist die Bekanntgabe der grundsätzlichen Verhandlungsbereitschaft im Vorfeld des G20-Gipfels sicherlich auch ein schönes Stück Symbolpolitik.

Das Grössen-Verhältnisse

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Japan ist nach den USA und China die drittgrösste Volkswirtschaft der Welt und damit ein äusserst interessanter Absatzmarkt für europäische Unternehmen. An der Wirtschaftskraft gemessen würde durch das Abkommen die grösste Freihandelszone der Welt entstehen.

Der seit 2013 vorbereitete Freihandelspakt soll Zölle und andere Handelshemmnisse abbauen, um Wachstum und neue Jobs zu schaffen. Dabei liegt die Krux wie immer im Detail. So soll zum Beispiel Japan akzeptieren, dass der europäische Zoll auf japanische Autos erst sieben Jahre nach Inkrafttreten des Abkommens komplett abgebaut sein wird. Immerhin satte zehn Prozent. Laut Informationen der Deutschen Presse-Agentur habe Japan ähnliche Konzessionen auf dem Verhandlungsplan, namentlich im Landwirtschaftssektor.

Linke warnt vor Paralleljustiz für Konzerne

Aber nicht nur einzelne Begehrlichkeiten könnten einen Abschluss behindern. Auch aus den politischen Reihen könnte dem Anti-Protektionismus-Projekt harscher Wind entgegen wehen.

Der EU-Parlamentarier Sven Giegold von den Grünen spricht von einer verpassten Chance. Der EU-Japan-Vertrag sei «wieder ein Vertrag des alten Musters». Es würden Marktöffnungen gemacht, ohne dass soziale, ökologische und demokratische Regeln verbindlich durchgesetzt würden. Ohne verbindliche Regeln würden sich die Menschen aber gegen Freihandel und Globalisierung stellen, ist Giegold überzeugt.

Der deutsche Grünen-Fraktionschef wagt gar den Blick über den Tellerrand. Anton Hofreiter befürchtet nämlich, dass Billig-Agrarimporte aus der EU die regionale Landwirtschaft in Japan zerstören könnten. Das Abkommen stehe «für Geheimverhandlungen, Paralleljustiz für Grosskonzerne und eine Aushöhlung von Umwelt- und Verbraucherstandards», sagte er.

Ebenfalls Rot sehen verschiedene Umweltverbände. Sie bemängeln, dass der umstrittene japanische Walfang und möglicher Holzschmuggel in der aktuellen Übereinkunft nicht ausdrücklich geregelt werden.

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