Endlose, verwaiste Betonflächen. Die riesigen Hallen und Stadien stehen vergammelt, verrostet und verlassen im Olympia-Park Barra da Tijuca, etwa 30 Kilometer vom Stadtzentrum von Rio de Janeiro entfernt. Vor genau fünf Jahren traf sich hier die Sportwelt, heute muss man die wenigen Besucherinnen und Besucher des Parks suchen.
Ein paar Leute sind immer dort zum Skaten oder Fahrradfahren. Aber das sind vielleicht ein Dutzend. Flavio kommt mit seiner Familie zum Volleyballspielen. Wenn auch nicht besonders gern. «Das ist schade, sehr schade. Die Stadtverwaltung könnte diesen so guten Freizeitbereich viel besser nutzen. Das tut weh, es so zu sehen, so im Stich gelassen.»
Für die Menschen in Rio ist klar, warum der 118 Hektar grosse Olympia-Park heute brach liegt. Letztlich sei es nur darum gegangen, für die Spiele teure Bauten zu errichten und daran zu verdienen. An einer nachhaltigen Nutzung hätte niemand Interesse gehabt, sagt Besucher Eduardo dem brasilianischen Nachrichtensender Globo News.
«Diese politischen Probleme sind typisch für Rio. Es läuft immer nach diesem Muster, mit diesen Mauscheleien. Gelder kommen an, verschwinden aber dann in irgendwelchen Kanälen, und dann ist kein Geld zur Instandhaltung mehr da», sagt Eduardo. Er lebt in Rio.
Eduardo Paes war vor fünf Jahren während den Olympischen Sommerspielen Bürgermeister von Rio und ist es nach einem Unterbruch auch heute wieder. Er versuchte am Mittwoch an einer Pressekonferenz, seinen angekratzten Ruf wieder reinzuwaschen. «Nein, es gibt überhaupt keine Anhaltspunkte, dass hier Gelder verschwendet wurden. Das waren die günstigsten Olympischen Spiele der Geschichte. Mit dem grössten Anteil an privaten Geldern. Das Einzige, was mich traurig stimmt, ist, dass der Olympia-Park sich selbst überlassen wurde.»
Dirigenten von «Rio 2016» im Gefängnis
Die juristische Aufarbeitung der Olympischen Spiele in der brasilianischen Stadt kommt jedoch zu einem deutlich anderen Fazit: Wenige Wochen nach den Spielen wurde der Gouverneur von Rio, Sérgio Cabral verhaftet.
Er verdiente Unsummen bei den olympischen Bauvorhaben mit, was ihm wegen Korruption 300 Jahre Haft einbrachte. Auch Carlos Nuzman, der Chef des brasilianischen Olympischen Komitees, wurde nach den Spielen wegen Korruption verhaftet. Zudem beendete Bürgermeister Eduardo Paes direkt nach den Spielen seine reguläre Amtszeit.
Viele der Verantwortlichen konnten das olympische Erbe nicht weiterführen. Und es gibt einen weiteren Grund für die düstere Bilanz der letzten Sommerspiele: Olympia in Rio kostete umgerechnet rund sieben Milliarden Franken, 51 Prozent mehr als geplant. Es gab kurzfristig kein Geld für die nachhaltige Nutzung des Olympia-Parks.
Das Erbe für die Stadt existiert. Man hat es schlecht behandelt, denn schlicht alles wurde in den letzten Jahren schlecht behandelt. Einfach alles!
Rios Bürgermeister Paes wurde vor einem halben Jahr wiedergewählt. Er gibt die Schuld seinem Vorgänger, der vier Jahre lang die Metropole regierte. Jetzt, zum Start der Spiele in Tokio und fünf Jahre nach Rio, soll die versprochene neue Nutzung der Sportstätten angegangen werden. So sollen aus den Sporthallen im Olympia-Park vier Schulhäuser werden.
«Das Erbe für die Stadt existiert. Man hat es schlecht behandelt, denn schlicht alles wurde in den letzten Jahren schlecht behandelt. Einfach alles! Und wir arbeiten jetzt sehr hart daran, dieser Geschichte ein anderes Ende zu geben», sagt Bürgermeister Paes.
Doch dieses Versprechen kennen die Menschen in Rio zur Genüge – schliesslich haben sie es schon vor den Spielen von 2016 gehört.