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«Fünfte Jahreszeit» Alaaf, Helau, vorwärts Marsch: Wie die Welt den Frühling feiert

Mit der Basler Fasnacht findet die sogenannte «Fünfte Jahreszeit» in der Schweiz ihr Ende. Andernorts fanden die Feierlichkeiten bereits in der Vorwoche statt, während gerade in Osteuropa die Bräuche noch bevorstehen. Doch wo liegt der Ursprung dieser ausgelassenen Feste? Ein närrischer Überblick.

Karneval, Fasching, Fas(t)nacht: An zahlreichen Orten auf der Welt finden im Frühling Festlichkeiten statt, wo sich Menschen verkleiden, sich närrisch verhalten, Obrigkeiten kritisieren und ausgelassen schlemmen und trinken. Wenig überraschend liegen die Ursprünge im christlichen Glauben. So finden solche Feste vor allem in katholischen und orthodoxen Regionen statt – aber natürlich nicht nur: Basel gilt hier als reformiertes Gegenbeispiel.

Die Nacht vor dem Fasten oder «Tschüss Fleisch!»

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Viele Begriffe wie Fasnacht oder auch Fastnacht weisen auf den Abend vor Beginn der christlichen Fastenzeit hin. Die Fastenzeit (bei den Reformierten auch «Passionszeit») beginnt mit dem Aschermittwoch und dient der Vorbereitung auf das Osterfest.

Dabei galt es oft, viel zu beten und gewisse Nahrungsmittel zu meiden. Beispielsweise Fleisch, Milchprodukte, Alkohol und Eier. Deshalb mussten diese Speisen vor der Zeit aufgebraucht werden, weshalb gerade Süsses und Fettiges gerne bei den Festen verzehrt werden.

Randnotiz: Hühner legen aber natürlich trotzdem weiter Eier, weshalb sich dann auch an Ostern vieles wieder darum dreht.

Woher der Begriff Karneval stammt, ist nicht gesichert. Die heute geläufigste Vermutung ist die Ableitung vom mittellateinischen carnem levare (Fleisch wegnehmen), daraus carnelevale als Bezeichnung für die Fastenzeit als fleischlose Zeit. Scherzhaft ist auch die Übersetzung von carne vale als «Fleisch, lebe wohl!» möglich.

Rio: In Brasilien dreht sich alles um die Sambaschulen, die mit exotischen Kostümen, Wagen und Lichteffekten jeweils bis in den frühen Morgen durch das Sambastadion in Rio ziehen. Zu den Höhepunkten gehören die aufwendigen Kunstwerke, die an Persönlichkeiten, kulturelle Traditionen und Geschichten der afrobrasilianischen Bevölkerung erinnern. Zehntausende auf den Tribünen und Millionen vor dem Fernseher weltweit verfolgen für gewöhnlich die Umzüge auf dem überdimensionalen Laufsteg.

Santa Cruz de Tenerife: Einer der Höhepunkte dieses Brauchs in der kanarischen Stadt ist die Gala zur Wahl der Festkönigin, die für gewöhnlich am Mittwoch der ersten Festwoche stattfindet. Die Kandidatinnen defilieren auf einer 1200 Quadratmeter grossen Bühne und präsentieren fantastisch aufgeputzte Gewänder, die oft über hundert Kilogramm wiegen. Weiterer Eckpunkt ist das «Begräbnis der Sardine» einer der symbolischen Schlusspunkte des Festes. Der in einer Sardine verkörperte Geist des Karnevals fährt in einer Kutsche durch die Strassen und geht schliesslich, umgeben von einer laut weinenden Witwer- und Witwenschar, in Flammen auf.

Frühlingsfeste gabs schon vor 5000 Jahren

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Vorläufer des Karnevals wurden bereits in Mesopotamien gefeiert. Eine altbabylonische Inschrift aus dem 3. Jahrtausend v. Chr. beschreibt, wie ein siebentägiges Fest gefeiert wurde. Die Inschrift besagt: «Kein Getreide wird an diesen Tagen gemahlen. Die Sklavin ist der Herrin gleichgestellt und der Sklave an seines Herrn Seite.» Hier wird erstmals das Gleichheitsprinzip bei ausgelassenen Festen praktiziert – heute noch ein charakteristisches Merkmal des Karnevals.

Aber auch in vielen Kulturen des Mittelmeerraumes lassen sich ähnliche Feste, die meist mit dem Erwachen der Natur im Frühling in Zusammenhang stehen, nachweisen.

Die Reformation stellte während der Neuzeit die vorösterliche Fastenzeit infrage. Deshalb spielen solche Feste nach dieser Spaltung der christlichen Kirche in vielen protestantischen Regionen eine weniger wichtige Rolle – mit Ausnahmen.

Im 20. Jahrhundert änderte sich dies wieder, sodass auch traditionell reformierte Gegenden den Brauch wieder für sich entdeckten.

Auf der ganzen Welt gemeinsam haben die Veranstaltungen oftmals Umzüge, närrisches Treiben, farbenprächtige Verkleidungen, Kritik an der Politik, Betonung der Gleichheit aller Teilnehmenden sowie ausgiebigen Genuss von speziellen Speisen (und auch Alkohol).

New Orleans: Im Karneval in der ehemaligen französischen Kolonie in den heutigen USA dreht sich alles um aufwendige Paraden, schimmernde Perlen, die von Festwagen geworfen werden, Strassen voller kostümierter Feiernder, üppigen Bällen und den Genuss allerlei Meeresfrüchte. Der Mardi Gras markiert dabei das Ende der Karnevalssaison an der Golfküste. Jedes Jahr kommen neben den Einwohnern von Louisiana mehr als eine Million Besucher nach New Orleans, um an der Feier der Stadt teilzunehmen.

Von Köln bis Rio: Karneval auf der ganzen Welt

Köln: Die Stadt ist neben Mainz und Düsseldorf eine der drei Hochburgen des rheinischen Karnevals in Deutschland. Vielerorts stürmen die Frauen zu Beginn der Festlichkeiten die Rathäuser und übernehmen symbolisch für einen Tag die Macht – weshalb der Fette Donnerstag in dieser Region traditionell Weiberfastnacht genannt wird. Eine andere Tradition besagt, dass Männer einen Kuss bekommen, wenn sie Frauen erlauben, ihre Krawatten oder Schnürsenkel abzuschneiden.

Basel: Die Fasnachtscliquen setzen sich am «Morgestraich» mit ihren meterhohen bemalten und beleuchteten Laternen und Kopflaternen in Bewegung, begleitet von Trommeln und Piccoloflöten. Basel erwartet zur Fasnacht jeweils mehr als 200’000 Schaulustige. Das Verkleiden der Zuschauer ist verpönt, kostümiert sind nur die Teilnehmenden an den Umzügen. Mit den Themen der Bilder auf den Laternen, «Sujets» genannt, werden ähnlich wie bei den Motivwagen bei anderen Karnevalsfesten, politische und gesellschaftliche Ereignisse aufs Korn genommen.

Regionaljournal Basel, 11.3.2025, 6:31 Uhr

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