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Bangladeschs grundlegendes Problem
Aus Echo der Zeit vom 21.12.2018. Bild: Keystone
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Geeinte Opposition In Bangladesch wird die Regierungspartei herausgefordert

Viele Bangladeschi möchten einen politischen Wandel. Gelingt es einem 82-jährigen Anwalt, ihn herbeizuführen?

Wahlkampf in Bangladesch: Kandidat Junaid Saki geht mit etwa 50 Anhängern durch die Strassen der Hauptstadt Dhaka. Er schüttelt die Hand des Teeverkäufers, wechselt ein paar nette Worte mit einer Passantin. Immerzu verteilt er die schwarz-weiss gedruckten Flyer. Später liegen diese hinter dem Tross am Strassenrand. Saki wird nicht gewählt werden. Das weiss er. «Die Leute mögen uns», glaubt der Präsident einer linken Kleinstpartei, «doch sie wählen uns nicht.» Das sei ein Rätsel.

In Bangladesch wird gewählt

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In Bangladesch wird am 30. Dezember eine neue Regierung gewählt. Es sind die ersten echten Wahlen seit zehn Jahren, denn die Wahlen von 2014 wurden von der Opposition boykottiert. In der bald 50-jährigen Geschichte des Landes waren nur zwei Parteien an der Macht, nämlich die Partei der amtierenden Ministerpräsidentin Sheich Hasina und die der Oppositionsführerin Khaleda Sia. Sia ist seit Februar im Gefängnis. Ob bei den anstehenden Wahlen eine andere Partei gewinnen kann, wird sich weisen.

Eine Frauenfeindschaft beeinflusst das ganze Land

Es ist ein Rätsel, das mit der politischen Struktur in Bangladesch zusammenhängt. Seit der Unabhängigkeit 1971 wird das Land von zwei Parteien dominiert, von der amtierenden Awami League und der Bangladesch Nationalist Party. Deren Anführerinnen Sheikh Hasina und Khaleda Zia hassen sich bis aufs Blut. Ihre Fehden bestimmen praktisch den ganzen politischen Diskurs.

Für Saki ist klar, dass jemand, der mit der aktuellen Regierung unzufrieden ist einfach die andere grosse Partei wählt: «Jede Stimmabgabe für eine dritte Partei empfinden die Wähler als Verschwendung», so Saki. «Warum sollten sie eine Partei wählen, die ohnehin nicht gewinnt?»

Um als Politiker in Bangladesch gewählt zu werden, müsse man mit einem der beiden Lager koalieren. Doch das mache er nicht. Denn davon würden einzig die beiden grossen Parteien profitieren, ist Saki überzeugt.

Inhaltlich kaum verschieden

Durch die starke Polarisierung der Politik in Bangladesch bleiben die beiden grossen Parteien immer im Rennen: Entweder als Regierungspartei oder als die stärkste Oppositionspartei.

Das Absurde daran sei, dass sich die zwei Parteien inhaltlich kaum unterschieden, sagt der Politologe Imtiaz Ahmed, der Professor an der Dhaka Universität ist: «In den wichtigsten Fragen der Wirtschafts- und Aussenpolitik vertreten die beiden Parteien praktisch dieselben Positionen», sagt Ahmed.

Dieser Umstand macht die Parteien austauschbar. Doch dieses Jahr ist die Ausgangslage etwas anders. Die Führerin der Oppositionspartei Bangladesh National Party, Khaleda Zia, ist im Gefängnis. Offiziell ist sie wegen Steuerdelikten inhaftiert.

Die Führerin der grossen Oppositionspartei, Khaleda Zia, ist im Gefängnis.
Legende: Die Führerin der grossen Oppositionspartei, Khaleda Zia, ist im Gefängnis. Reuters

Ein 82-jähriger Anwalt als neuer Herausforderer

«Die Regierungspartei dachte wohl, sie würde überhaupt nicht herausgefordert werden, doch dann kam Kamal Hussein, ein respektierter Anwalt und Mitverfasser der Grundgesetze Bangladeschs», sagt Imtiaz.

Husseins Partei, die Oikya Front, mischt zum ersten Mal bei den Wahlen mit und gilt auf einmal als die grosse Herausfordererin der amtierenden Präsidentin.

Kamal Hussein
Legende: Kamal Hussein hat die Opposition geeint. Er hofft, dass die Stimmen breit verteilt sind. Reuters

«Die Leute wollen Wandel. Wer ihnen das verspricht, wird zu einer valablen Alternative», sagt Hussein. Doch der 82-jährige Anwalt weiss, dass Wandel in Bangladesch noch nie ohne eine der beiden starken Parteien stattfand. Deshalb führt Hussein zwar die Oppositionsfront an, steht aber selbst auf keiner Wahlliste. Die stärkste Partei in seinem Oppositions-Zusammenschluss ist die Nationalist Party von Khaleda Zia. Hussein nutzte ihre Führungslosigkeit.

Stimmen für die Opposition, nicht nur für eine Partei

Hussein hofft, dass bei den Wahlen die Stimmverteilung in der Koalition genügend breit gefächert ist, damit die Partei von Khaleda Zia, falls sie gewinnen würde, nicht alles alleine bestimmen könnte. «Einfach einen Wechsel zurück zur alten Führerin wäre eine Schande», sagt er.

Anwalt Hussein und der Linkspolitiker Saki haben dasselbe Ziel: Sie wollen das Jahrzehnte alte Machtgefüge der beiden grossen Parteien aufbrechen.

Bangladeschi mit einem Wahlplakat für die amtierende Premierministerin
Legende: Kundgebung vor den Wahlen für die Wiederwahl der amtierenden Premierministerin Sheikh Hasina von der Awami League. Reuters
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