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Gewalt gegen Migranten «Die Rechten wollen von Macerata profitieren»

Italiens Rechte nutzt das Attentat, um Stimmung gegen Migranten zu machen, sagt SRF-Korrespondent Franco Battel.

In der italienischen Stadt Macerata hat ein mutmasslich rechtsextremer Attentäter dreissig Schüsse auf dunkelhäutige Menschen abgegeben – einen Monat vor den Parlamentswahlen. Sechs Personen wurden dabei zum Teil schwer verletzt. Während die Regierung davor warnt, die Stimmung gegen Flüchtlinge aus Afrika weiter anzuheizen, verurteilen die rechten Parteien Lega, Fratelli d’Italia und Forza Italia den Anschlag zwar ebenfalls, relativieren dies aber gleich wieder: Sie verweisen auf die hohen Flüchtlingszahlen im Land. Einschätzungen von SRF-Korrespondent Franco Battel.

Franco Battel

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Porträt Franco Battel

Franco Battel ist seit Anfang 2015 SRF-Korrespondent in Rom. Davor war er als Auslandredaktor für Italien, Mexiko, Zentralamerika, Kuba und Liechtenstein verantwortlich. Er berichtete zudem vom UNO-Sitz in Genf.

SRF News: Kann man sagen, die Parteien nutzen diesen Anschlag nun für ihre Politik?

Franco Battel: Man kann auf jeden Fall sagen, dass sich die rechten Parteien in Italien in diesem Wahlkampf erstmals wirklich einig sind. Die Lega von Matteo Salvini, Forza Italia von Silvio Berlusconi und die postfaschistischen Fratelli d'Italia: Sie bringen diese Bluttat von Macerata in Zusammenhang mit den hohen Flüchtlingszahlen – das heisst, mit der hohen Zahl an illegal in Italien lebenden Migranten.

In einem Land, in dem viele Leute nur etwa 1000 Euro verdienen und viele noch weniger, wäre wahrscheinlich auch die Wirtschaft das vordringliche Thema.
Autor: Franco Battel SRF-Korrespondent in Rom

Vor allem die Lega hat sich schon in der Vergangenheit ganz ähnlich geäussert. So hat etwa der Lega-Politiker Attilio Fontana im Wahlkampf von Gefahren für die «weisse Rasse» gesprochen, die von den Migranten ausgehe. Er ist der Spitzenkandidat für das Amt des Gouverneurs in der Lombardei, der wichtigsten Region des Landes.

Der mutmassliche Schütze von Macerata hat wohl neofaschistisches Gedankengut und auch eine Verbindung zur Lega: Er hat nämlich für die Partei auf einer Liste kandidiert. Schadet das der Partei nun im Wahlkampf?

Nicht unbedingt. Denn die Lega hat mit dem Thema Migration in den letzten Jahren Erfolge gefeiert hat. Noch vor fünf Jahren verzeichnete die Partei noch etwa vier Prozent Wähleranteile; mittlerweile ist dieser auf etwa 14 Prozent gestiegen. Die Vorfälle von Macerata bringen nun das Thema Migration wieder in die Schlagzeilen. Davon will die Lega sicherlich profitieren – aber zum Beispiel auch Silvio Berlusconi.

Lega-Chef Matteo Salvini spricht am 3. Februar an einer Wahlkampfveranstaltung.
Legende: Lega-Chef Matteo Salvini und andere Rechte sehen in der Gewalt auch eine Reaktion auf die hohe Zahl an Migranten. Keystone

Bleibt das Thema Migration nun bis zu den Wahlen in einem Monat das dominierende Thema?

Das ist schwer zu sagen zum jetzigen Zeitpunkt. Es dauert noch einen Monat bis gewählt wird. In dieser Zeit kann viel passieren. Die Zahlen der neu angelandeten Geflüchteten ist in den letzten Monaten gesunken. Das spricht eigentlich dagegen, dass das Thema nun wirklich wieder ganz gross wird. In einem Land, in dem viele Leute nur etwa 1000 Euro verdienen und viele noch weniger, wäre wahrscheinlich auch die Wirtschaft das vordringliche Thema. Wenn Gewalttaten wie in Macerata passieren, geraten Themen wie die niedrigen Löhne oder auch der hohe Steuerdruck und die schlechten Arbeitsbedingungen mitunter in Vergessenheit.

Das Gespräch führte Hans Ineichen.

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