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Vermummter Rechtsextremer mit US-Flagge
Legende: Die Gesichter der extremen Rechten in den USA. Reuters

Gewalt in Charlottesville Verschwörungstheorien – Basis der extremen Rechten in den USA

Die Rechte sieht sich bedroht von allem Fremden, von der Regierung, von den Medien – von einer grossen Verschwörung.

Die USA sind das Land der Verschwörungstheorien. Es gibt kaum ein westliches Land, in dem das Misstrauen gegen die Obrigkeit so gross ist. Die USA sind ein Staat von der Grösse eines Kontinents und der Regierungssitz ist weit, weit weg.

Entscheidungen aus Washington werden im «Heartland» nicht viel anders gewertet als Beschlüsse der Technokraten aus Brüssel auf dem Schweizer Rütli, nämlich als Einmischung in innere Angelegenheiten. Der Schritt von der Ablehnung zur Unterstellung bösartiger Absichten ist klein. Verschwörungstheorien fallen auf fruchtbaren Boden.

Die Regierung als Feind

Die erste Mondlandung halten heute immer noch bis zu einem Fünftel der Amerikaner für einen Betrug. Weniger amüsant, auch den Angriff auf das World Trade Center in New York am 11. September 2001 sehen Teile der Bevölkerung als «inside job», bei dem Mitarbeiter der Geheimdienste die Finger im Spiel hatten.

Brennende Ranch der Davidianersekte.
Legende: Waco 1993. Die Ranch der Davidianersekte steht in Flammen. Reuters

Die Regierung als Feind – spätestens seit 1993, seit dem Drama von Waco sieht sich die rechte Szene in dieser Annahme bestätigt. In der texanischen Kleinstadt hatte sich eine fundamentalistische Gruppe um den Sektenführer David Koresh verschanzt. Bis auf die Zähne bewaffnet wurden sie 51 Tage lang vom FBI belagert. Der Sturm auf die Ranch endete in einem Flammeninferno und mit dem Tod von über 70 Sektenmitgliedern.

In der Lesart der Rechten war die Bundespolizei Schuld an dem Drama. Guter Grund für die Verschwörungsgläubigen sich zu bewaffnen, um jederzeit in der Lage sein, sich zu verteidigen.

Von der extremen Rechten zum Mainstream

Rechtsextreme im Visier

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Die extreme Rechte in den USA hat eine lange Tradition. 1971 während der Bürgerrechtsbewegung gründeten zwei Anwälte das «Southern Poverty Law Center», ein Institut, das die Ultrarechten beobachtet und über Rassismus aufklärt. In 55'000 Schulen werben sie für Toleranz. Das SPLC beobachtet zurzeit 917 Hassgruppen und dokumentiert ihre Aktivitäten .

Verschwörungstheorien werden von rechten Netzwerken verbreitet. Das Internetportal Breitbart ist allgemein bekannt, seit Stephen Bannon zum Chefberater von Donald Trump aufstieg.

Doch auch der Verschwörungstheoretiker Alex Jones erreicht mit seiner täglichen Radioshow und der Webseite infowars.com ein grosses Publikum.

Der Übergang von den extrem rechten Medien zu konservativen wie Fox News verläuft fliessend. So tat sich vor ein paar Jahren der Moderator Glenn Beck hervor. Er berichtete in seiner eigenen Show über angebliche Konzentrationslager der Regierung. Diese sogenannten «Femacamps» der Bundesbehörden seien dazu da, missliebige Bürger in grosser Zahl zu internieren.

Wochenlang hielt er das Thema am Kochen, um es am Ende als Lüge zu entlarven. Doch da hatte sich Verschwörungstheorie längst in den Köpfen seines Publikums festgesetzt.

Mit Verschwörungstheorien lässt sich Politik machen

Unter Barack Obama fielen Verschwörungstheorien auf besonders starke Resonanz, denn er ist schwarz und damit ideale Zielscheibe für weisse Ängste. So behauptete etwa Sarah Palin, die 2006 als Kandidatin für das Vizepräsidentenamt gegen Obama angetreten war, dass die Gesundheitsreform zu «Death panels» führen würde, zu Ausschüssen von Bürokraten, die über Leben und Tod von Patienten entscheiden dürften.

Vor allem Alte und Behinderte seien bedroht. Solche Aussagen kamen bei einer ohnehin schon misstrauischen Rechten gut an. Gemässigte republikanische Abgeordnete aber hielten still und empörten sich nicht öffentlich, denn der Unsinn nutzte ihnen politisch.

Trump als Fürsprecher der Rechten

Noch einen Schritt weiter gingen die «Birther». Die Gruppe behauptete, Barack Obama sei gar nicht in den USA geboren und folglich sei seine Präsidentschaft eine unrechtmässige Usurpation. Auch hier griffen die republikanischen Volksvertreter wider besseres Wissen nicht ein.

Der heutige Präsident Donald Trump forderte sogar, dass Obama seine Geburtsurkunde veröffentliche. Das tat er schliesslich auch, um die absurde Diskussion zu beenden.

Donald Trump ist mit dem Unmut der Rechten, der Unzufriedenen und der Verschwörungstheoretiker an die Macht gekommen. Er hat sich zu ihrem Fürspecher gemacht. Insofern ist es nur logisch, dass er sich jetzt schwer tut, die Gewalt zu verurteilen.

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