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Gewalt und Terror Tausende Schulen in Afrika können nicht öffnen

Die unsichere Lage im Sahel ist verheerend für die Kinder. Besonders betroffen von dem Phänomen ist Burkina Faso.

Worum geht es? In Zentral- und Westafrika bleiben wegen Terror und Unsicherheit immer mehr Schulen geschlossen. Nach Angaben der UNO und privater Hilfsorganisationen sind davon inzwischen rund 13'200 Schulen in den Ländern der Sahelzone betroffen. Demnach verdoppelte sich die Zahl der geschlossenen Schulen in der Region in den vergangenen vier Jahren aufgrund von Unsicherheiten. Das gefährde die Bildung von 2.5 Millionen Kindern akut, so Unicef und der norwegische Flüchtlingsrat.

Terror in den Ländern der Sahelzone

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In zahlreichen Ländern der Sahelzone, die sich von Senegal im Westen bis nach Sudan und Djibouti im Osten Afrikas zieht, sind bewaffnete Gruppen aktiv, von denen einige der Terrorgruppe «Islamischer Staat» oder dem Terrornetzwerk Al-Kaida die Treue geschworen haben. Die Regierungen der betroffenen Länder bemühen sich bislang vergeblich, die Dschihadisten zurückzudrängen. In einigen Ländern kontrollieren bewaffnete Gruppen ganze Teile des Staatsgebiets.

Warum schliessen Schulen? Ein Grund ist die grassierende Gewalt durch bewaffnete Gruppen. So wurden allein im laufenden Jahr bereits 147 Angriffe auf Schulen in Zentral- und Westafrika gemeldet. Manchmal würden Schulen von Terrorgruppen beschlagnahmt und besetzt, denn ein Schulhaus sei vielerorts das einzige grössere, befestigte Gebäude, sagt SRF-Afrikakorrespondent Samuel Burri: «Eine Schule ist ein Symbol des aus Sicht der Terroristen verhassten Staates – deshalb wird sie angegriffen.»

So verläuft ein typischer Überfall

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Oftmals fährt eine Gruppe junger Männer auf Motorrädern in ein Dorf. Dem Lehrer wird gesagt, er solle verschwinden, auf dem Markt verbieten die Terroristen den Verkauf von Alkohol, und auch der gemässigte Imam des Dorfes wird bedroht. Dann geht die Bande wieder – und kehrt einige Tage später zurück. Wer sich ihren Anordnungen widersetzt hat, muss damit rechnen, auf offener Strasse exekutiert zu werden. «In einem solchen Klima der Angst kann eine Schule nicht existieren», sagt Afrikakorrespondent Samuel Burri.

Welche Länder sind betroffen? Besonders akut ist die Lage im Zentrum der Sahelzone. Dort hat sich die Zahl der geschlossenen Schulen seit 2019 fast versechsfacht, auf inzwischen 9000 Schulen. Stark verbreitet ist das Phänomen in Burkina Faso. Dort waren im Juli mehr als 6100 Schulen geschlossen – das ist rund ein Viertel aller Schulen des Landes. Die Regierung habe in Burkina Faso über weite Teile des Staatsgebiets keine Kontrolle mehr, sagt Burri. «Bewaffnete Gruppen wie Islamisten, Gauner oder Kriminelle können dort schalten und walten, wie sie wollen.»

Gibt es weitere Gründe für Schulschliessungen? Schulen werden nicht nur wegen der unsicheren Lage aufgegeben, sondern teilweise auch aufgrund von Zwangsumsiedlungen. Einige Kinder hätten für viele Monate oder sogar Jahre keinen Zugang zu Schulen, stellt die UNO fest. Dadurch sei die Zukunft ganzer Generationen von Kindern gefährdet. Ausserdem würden viele Kinder dazu gezwungen, zu arbeiten, sich bewaffneten Gruppen anzuschliessen oder zu heiraten – anstatt zur Schule zu gehen. Das zerstöre ihre Zukunft.

Afrika hat in den letzten Jahrzehnten bei der Bildung grosse Fortschritte gemacht – umso wichtiger wäre es, wenn die geschlossenen Schulen bald wieder öffnen könnten.
Autor: Samuel Burri Afrikakorrespondent von Radio SRF

Gibt es positive Entwicklungen? In der Zentralafrikanischen Republik konnten in letzter Zeit zahlreiche zuvor geschlossene Schulen wiedereröffnet werden. «Offenbar gibt es dort weniger Rebellengruppen, die die Sicherheit bedrohen», stellt Burri fest. Es sei grundsätzlich ein gutes Zeichen für die Sicherheitslage, wenn Schulen betrieben werden könnten. «Afrika hat in den letzten Jahrzehnten bei der Bildung grosse Fortschritte gemacht – umso wichtiger wäre es, wenn die geschlossenen Schulen bald wieder öffnen könnten», so der Korrespondent.

Samuel Burri

Afrika-Korrespondent

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Samuel Burri berichtet seit 2017 für SRF über das Geschehen in Afrika. Er lebt in Nairobi, der Hauptstadt Kenias. Der studierte Historiker war vor seinem Engagement bei SRF als freier Journalist in Ghana und Westafrika tätig.

SRF 4 News aktuell, 19.9.2023, 6:20 Uhr ; 

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