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Graffitis gegen die Mächtigen Schwarze Panther jagen Thailands Elite

Ein Milliardär tötet einen schwarzen Panther. Thailand ist entrüstet. Jetzt protestieren junge Künstler gegen die Reichen und Mächtigen – mit Graffitis.

Der Künstler, dessen Graffiti alles gestartet hat, ist nicht einfach zu treffen. Er nennt sich «Headache Stencil». Und er ist nervös. Seit er politisch zeichnet, beschattet ihn die Polizei. Seine Kunst erinnert an Banksy. Eine seiner typischen Aussagen: «Wir haben ein schlechtes System hier, wenn du viel Geld hast, bist du unantastbar. Alle wissen das, aber niemand sagt es.»

«Headache Stencil» in seinem Atelier.
Legende: «Headache Stencil» in seinem Atelier. SRF/Lukas Messmer

Er entschied sich, etwas zu sagen, griff zur Spraydose und sprühte mitten in Bangkok einen schwarzen Panther neben ein «Lautlos»-Symbol. Das Foto lud er auf Facebook, wo es sich rasend schnell verbreitete.

Graffito eines Panthers.
Legende: Stencils erster Panther. Facebook «Headache Stencil»

Nicht einmal 24 Stunden später stand die Wand wieder weiss da. Zwei Männer mit Bürstenschnitt hätten es übermalt. «Das ist nicht das erste Mal», erzählt «Headache Stencil». Doch es half nichts: Er hat hunderte von Künstlern inspiriert, die mit Graffitis, Cartoons und Zeichnungen für den toten Panther protestieren.

Panther-Suppe im Zeltlager

Die Geschichte ist skurril: Am 4. Februar haben Wildhüter den Tycoon Premchai Karnasuta festgenommen. Er ist einer der reichsten Männer Thailands und der CEO des Bauunternehmens Italian-Thai. Die Firma baut unter anderem die Skytrains in Bangkok.

Mitten in einem Nationalpark sassen der CEO und sein Team um ein Lagerfeuer. Wildhüter fanden die Reste eines schwarzen Panthers, Gewehre und Munition. In einem Kochtopf schwamm der Schwanz des Panthers in einer Suppe. Die DNA des Tiers fand sich auch an Messern.

Ein klarer Fall, dachten viele. Doch in Thailand steht die Elite häufig über dem Gesetz. Als der Vize-Polizeichef den Tycoon auf der Polizeistation ehrfürchtig mit einer Verbeugung begrüsste, glaubte niemand mehr an eine faire Untersuchung. Thailand war entrüstet. Eine Petition dafür, dass der Panther nicht umsonst gestorben sei, sammelte 142'000 Unterschriften.

Unterwürfig begrüsst der Vize-Polizeichef Tycoon Premchai Karnasuta.
Legende: Unterwürfig begrüsst der Vize-Polizeichef Tycoon Premchai Karnasuta. SRF

Der tote Panther ist nur der letzte einer Reihe von Skandalen in der Oberschicht. Verteidigungsminister Prawit Wongsuwan trug Luxusuhren im Wert von einer Million Franken am Handgelenk. Herkunft: unbekannt. Premier Prayuth Chan-o-cha hat kürzlich im Süden Thailands einen Fischer angeschrien. Beides hat die Junta viel Ehrfurcht und Respekt gekostet.

Alte Männer an der Macht

Inmitten dieser Stimmung griff «Headache Stencil» zur Spraydose. Auch gleich gegenüber des Italian-Thai-Hauptquartiers prangt heute ein Panther-Graffiti. Hier treffen wir Voranai Vanijaka, Dozent an der Thammasat-Universität. «Die Thais sind sehr frustriert», sagt er. «Die Reichen und Mächtigen erhalten eine Vorzugsbehandlung».

Ein Panther-Graffiti gegenüber des Hauptquartiers von Italian Thai.
Legende: Ein Panther-Graffiti gegenüber des Hauptquartiers von Italian-Thai. SRF/Lukas Messmer

Die Unzufriedenheit könnte auch politische Folgen haben. Der Druck auf die herrschende Militärjunta steige. «Aber wir dürfen nicht vergessen, wir leben in einer Diktatur», sagt er, «die Militärregierung hat Panzer und Waffen».

In den sozialen Medien spötteln viele Thais schon länger über die alten Männer der Junta, die oft noch im letzten Jahrtausend zu leben scheinen. Neu ist, dass der Protest nun ins reale Leben überschwappt.

«Wir sehen einen Aufstand in den sozialen Medien, der sich nun ganz nach der alten Schule in der Form von Kunst auf der Strasse manifestiert», sagt Vanijaka. Der schwarze Panther als Symbol ist dafür perfekt geeignet: Unschuldig, majestätisch und in Thailand eine Seltenheit.

Graffiti als Protest

An einem Nachmittag treffen sich in einem Randbezirk von Bangkok zehn Sprayer. Sie sprühen ein gigantisches Graffiti. Auf einer weissen Wand entstehen im Laufe des Abends neun Panther. Sie sitzen an einer Tafel. Graffiti-Künstler Nattapong Kaewpradit erklärt das Gemälde: «Die Idee stammt von Jesus’ letztem Abendmahl. Jeder Künstler zeichnet einen Panther bei seinem letzten Abendessen.» Mittendrin sitzt Judas, gezeichnet als Wilderer Premchai Karnasuta.

Graffitis von Panther-Figuren.
Legende: Die Panther beim letzten Abendmahl und Premchai Karnasuta als Judas. SRF/Lukas Messmer

Nachdem die Graffitis auf öffentlichem Grund übermalt worden sind, haben Privatpersonen ihre Wände zur Verfügung gestellt. Diese Wand mit dem «letzten Abendmahl» gehört zum Pet & Aquatic Hospital. Dessen Chef Phureerut Ratanavich hat den Kontakt zu den Künstlern aktiv gesucht. «Wir wollen Teil der Stimme sein und den Künstlern eine Plattform geben», sagt er. «Das ist ein politisches Statement».

Noch sitzt die Militärregierung fest im Sattel. Doch unter der Oberfläche brodelt es. Der Panther-Skandal um Tycoon Premchai Karnasuta hat viele Ungerechtigkeiten in der thailändischen Gesellschaft ins Rampenlicht gestellt. Nun warten viele gespannt darauf, ob und wie hart der Wilderer für sein Vergehen bestraft wird.

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