Ab dem 1. November dürfen vollständig geimpfte Touristinnen und Touristen wieder ohne längere Quarantäne nach Thailand reisen. Millionen Menschen in der Ferienindustrie seien dringend auf die Feriengäste und das mit ihnen verbundene Einkommen angewiesen, sagt SRF-Korrespondentin Karin Wenger.
SRF News: Warum öffnet Thailand genau jetzt die Grenzen?
Karin Wenger: Das hat vor allem wirtschaftliche Gründe, um die Tourismusindustrie wieder zum Leben zu erwecken. Schliesslich steht die Wintersaison vor der Tür – das bedeutet viel Geschäft und Geld, das nicht verloren gehen soll. Die Tourismusindustrie ist enorm wichtig in Thailand, mit Millionen von Menschen, die dort ihr Geld verdienen. Die Feriengäste waren vor der Pandemie für rund 20 Prozent der Wirtschaftsleistung verantwortlich. Doch im März 2020 brach der Tourismus fast vollständig ein.
Die Zahlen der Neuansteckungen mit dem Coronavirus sind in Thailand zuletzt gesunken. Wie steht es um die pandemische Lage im Land?
Die Zahlen sind zwar leicht gesunken, aber immer noch hoch. Zu Beginn der Pandemie hatte Thailand – hier leben rund 70 Millionen Menschen – kaum Fälle, die Regierung fuhr eine «No-Covid»-Strategie wie in China und riegelte die Landesgrenzen vollständig ab.
Derzeit werden rund 10'000 Neuansteckungen pro Tag gemeldet.
Dann wurde die Einreise leicht gelockert und mit der Delta-Variante stiegen die Infektionszahlen stark an. Im vergangenen August verzeichnete Thailand Höchstwerte von mehr als 20'000 Neuinfektionen pro Tag. Derzeit sind es täglich noch rund 10'000 Neuansteckungen.
Wie sieht es mit den Impffortschritten in Thailand aus?
Für Thailänderinnen und Thailänder bleibt es schwierig, an eine Impfung zu kommen – und dabei wollen sich eigentlich alle impfen lassen. Immerhin kam in den letzten Wochen mehr Impfstoff ins Land und die Regierung beeilt sich, die Bevölkerung zu impfen. Bislang sind landesweit rund 40 Prozent zweifach geimpft, wobei es in der Hauptstadt Bangkok fast doppelt so viele sind.
Was sagt die Bevölkerung zur Grenzöffnung für Touristen?
Die Reaktionen sind gemischt. Viele Thailänderinnen und Thailänder befürchten, dass die Ausländer das Virus ins Land bringen werden. Sie würden es befürworten, wenn die Grenzen noch länger geschlossen blieben. Andererseits leiden viele unter der kompletten oder teilweisen Schliessung des Landes, die ja bereits seit mehr als eineinhalb Jahren anhält.
Viele warten darauf, dass die ausländischen Touristen zurückkehren.
Besonders hart hat es die unzähligen Menschen getroffen, die an die Tourismusindustrie angebunden waren: Strassenhändler, Kokosnuss-Verkäufer, Kellner oder Prostituierte. Viele von ihnen haben kein Einkommen mehr und sind in ihre Dörfer auf dem Land zurückgekehrt, wo das Leben billiger ist und sie mit ihren Grossfamilien eine unterstützende Struktur habe. Sie alle warten darauf, dass die ausländischen Touristen zurückkehren.
Sind ab November in Thailand jetzt die grossen Touristenströme zu erwarten?
Kaum. Am meisten Touristen kamen in den Jahren vor der Pandemie aus China, mit steigender Tendenz. Doch China bleibt weiterhin abgeriegelt und das bedeutet, dass noch längere Zeit kaum chinesische Touristen nach Thailand kommen werden. Auch viele Europäer dürften angesichts der bis vor Kurzem herrschenden Unsicherheit, ob und ab wann wieder Ferien in Thailand möglich sind, ihre Weihnachtsferien anderswo an der Wärme geplant haben.
Das Gespräch führte Roger Aebli.