Letztlich hat die Angst vor Neuwahlen die Mitglieder zu diesem deutlichen Ja zur Grossen Koalition getrieben. Zu nah ist ihnen die AFD in den Wählerumfragen gekommen: SPD 15,5. AFD 16 Prozent. Diese Umfrage des Meinungsforschungsinstituts INSA vom 20. Februar hat die Genossen aufgeschreckt und gelähmt zugleich. Vielen den Mut zum Nein genommen, den Mut auch für den selbstbewussten Gang in die Opposition.
In Wählerumfragen abgestürzt
Diesen Absturz in den Umfragen hat die SPD selbst verschuldet. Mit den internen Grabenkämpfen. Mit Martin Schulz’ Zickzack-Kurs und dessen Entmachtung. Mit den vielen Hürden, die sich die Parteiführung selbst aufgestellt hat auf dem Weg hin zum letzten Ja der Basis.
In der Partei herrscht die Angst
Dabei hätte die SPD nach dem Scheitern von Jamaica viel selbstbewusster agieren können. Staatstragend Ja sagen können zum Regieren. Und zwar sofort. Ohne dieses lange Zögern. Die Wähler hätten den Rückzieher vom angekündigten Gang in die Opposition verstanden. Mehr noch, sie hätten die SPD dafür geschätzt, verantwortungsbewusst und im Sinne von Stabilität in Deutschland und Europa zu handeln. Aber der Partei fehlte Führungsstärke. Das kommt in Deutschland schlecht an, schlechter noch als anderswo.
Mit Angst setzt sich die SPD nun auch wieder an den Regierungstisch. Angst davor, in vier Jahren wieder als Verlierer dazustehen, als Juniorpartner der Kanzlerin. Angst davor, dass sämtliche Regierungserfolge der nächsten Legislatur wieder Angela Merkel zugeschrieben werden.
Merkel ist angeschlagen
Dabei ist 2018 vieles anders als in der letzten Legislatur. Merkel ist geschwächt. Der konservative Flügel der Union begehrt auf. Im Bundestag sitzen 6 Parteien. Die Opposition kommt mit der FDP und der AFD diesmal auch von Rechts und aus der Mitte. Für Merkel werden es die schwierigsten Jahre ihrer Regierungszeit. Merkel ist angreifbar geworden. Und in der CDU gibt es erstmals Alternativen um die Alternativlose zu beerben.
SPD sollte ihre Angst ablegen
Merkels neue Schwäche ist bester Grund für die SPD diese Angst abzulegen und wieder selbstbewusster zu agieren. Besonders jetzt in einer neuen Grossen Koalition. Dafür aber braucht die Partei Führungsstärke und Kommunikationsstärke. Nach einem Jahr voller Angst, Zweifel und Missverständnisse mit Martin Schulz an der Spitze sind nun die neuen vermeintlichen Spitzengenossen gefragt: Andrea Nahles und Olaf Scholz.
(Sendebezug: SRF4 News, 10 Uhr)