- Der wegen Korruption verurteilte Ex-Präsident Brasiliens hat den Termin zum Haftantritt ignoriert.
- Lula da Silva hält sich derzeit in einem Gewerkschaftsgebäude auf, das von einer Vielzahl seiner Anhänger umlagert wird.
- Anwälte des linken Politikers bemühen sich derzeit darum, den Haftantritt ihres Mandanten hinauszuzögern.
Eine Nacht mehr auf freiem Fuss: Der wegen Korruption verurteilte Lula da Silva stellte sich gestern nicht wie erwartet der brasilianischen Bundespolizei, die tags zuvor einen Haftbefehl ausgestellt hat. Die Staatsanwaltschaft hatte Lula da Silva 24 Stunden Zeit eingeräumt, sich zum Haftantritt freiwillig der Bundespolizei zu stellen. Die Frist ist am Freitagabend Lokalzeit ungenützt abgelaufen.
Gewaltaktionen befürchtet
Die Strafverfolgungsbehörden hätten den zweimaligen Staatspräsidenten Brasiliens danach an seinem Aufenthaltsort in einem Gewerkschaftsgebäude festnehmen können. Sie verzichteten aber darauf: Wohl in Anbetracht Tausender Anhänger, die am Gewerkschaftssitz eine Mahnwache für Lula abhielten. Offenbar befürchtete die Bundespolizei, es könne zu Gewalt und Auseinandersetzungen kommen.
Lula da Silvas Anwälte stehen in ständigem Kontakt mit der Staatsanwaltschaft. Sie erklären, der Politiker könne sich allenfalls heute im Lauf des Tages in der Stadt Sao Paulo den Behörden stellen, oder aber nächsten Montag. Die Juristen hoffen, dass das oberste Gericht bis dann über einen neuen Haftprüfungsrekurs entschieden haben wird, der am Freitag eilends eingereicht worden ist. Ein identisches Begehren hatte dieselbe Instanz bereits letzten Mittwoch abgewiesen.
Neue Rekurse geplant
Der Ex-Präsident hatte gestern nicht wie erwartet Stellung genommen zur bevorstehenden Haft und auf eine Ansprache vor seinen Anhängern verzichtet.
Einzelne Berater wollten Lula da Silva überzeugen, sich seiner Verhaftung zu widersetzen und sich im Gewerkschaftsgebäude zu verbarrikadieren. Die Anwälte rieten aber davon ab. Im Augenblick geht es darum, den Haftantritt mit neuen Rekursen so lange wie möglich hinauszuzögern.
Linke Aktivisten hatten in mehreren Grossstädten Brasiliens Strassen blockiert aus Protest gegen die Entwicklung um Lula da Silva. Die Kundgebungen erreichten aber lange nicht das Ausmass, das die Arbeiterpartei des früheren Staatspräsidenten erwartet hatte.