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Haustier-Entführungsgesetz Katzendieben droht in Grossbritannien bald Gefängnis

Das neue Gesetz sieht drakonische Strafen vor. Es gelte, die Schwächsten zu schützen, wird argumentiert.

Es war ein denkwürdiger Moment im britischen Parlament, als der konservative Abgeordnete George Freeman im Unterhaus nicht nur für seine Wählerinnen und Wähler sprach, sondern ebenso im Namen seiner Katze und seines Hundes.

Es sei Aufgabe des Parlaments, sich für die Schwächsten im Land einzusetzen. Dazu gehörten insbesondere Haustiere, die gestohlen und entführt würden. Ein traumatisches Erlebnis für alle Beteiligten.

Nur drakonische Strafen, wie sie im neuen «Haustier-Entführungsgesetz» vorgesehen seien, könnten das verwerfliche Treiben der Diebe stoppen. Schliesslich seien die Britinnen und Briten eine tierliebende Nation.

Der Sprecher des Unterhauses nickte verständnisvoll. Dies ist nicht verwunderlich. Sir Lindsay Hoyle hält zu Hause eine ganze Menagerie von Tieren. Darunter einen plappernden Papagei namens «Boris». Und selbst der Premierminister geniesst bei Kater Larry in Downing Street nur temporäres Wohnrecht.

Es drohen bis zu fünf Jahre Gefängnis

Auslöser für die «Pet Abduction Bill» ist die Pandemie. In den einsamen Lockdown-Zeiten stiegen Tier-Diebstähle endemisch an. Die Regierung wurde damals umgehend aktiv und rief 2021 eine «Haustier-Diebstahl-Taskforce» ins Leben.

Künftig soll die Polizei eine Tier-Entführung nicht mehr schnöde wie einen Fahrrad-Diebstahl administrieren dürfen. Nein – wer Hunde, Katzen oder Hamster entführt, soll mit Gefängnis bis zu fünf Jahren bestraft werden.

Der grösste Blödsinn, den ich je gelesen habe.
Autor: Matthew Scott Britischer Strafrechtler

Doch Tierschützer und Verhaltensbiologinnen schlagen Alarm. Landen nun ältere, freundliche Ladies, die einer streunenden Katze etwas Milch geben, hinter Gittern? Was tut man, wenn man von einer Katze «adoptiert» wird?  

Strafrechtler verwerfen die Hände

Wer je das Privileg hatte, sein Leben mit einer Katze teilen zu dürfen, weiss, dass dieses Gesetz ein zoologischer Murks ist: Katzen gehören zwar zur Gattung Felis Domestica, aber das heisst noch lange nicht, dass sie sich gesetzlich vorschreiben lassen, wem sie ihre Liebe schenken oder wessen Futternäpfe sie bevorzugen. 

Doch nicht allein deswegen verwerfen Juristinnen und Juristen die Hände: «Der grösste Blödsinn, den ich je gelesen habe», erklärte der bekannte Strafrechtler Matthew Scott gegenüber der BBC den Gesetzesentwurf. Er könne nur hoffen, dass dieses Gesetz vom Oberhaus noch gestoppt werde. Bereits jetzt seien die britischen Gerichte und Gefängnisse völlig überlastet.

In der Tat warten Untersuchungshäftlinge in übervollen Gefängnissen während Monaten, bis sie endlich einen Richter oder eine Richterin zu sehen bekommen. Wenn jetzt noch unzählige Haustier-Besitzer aufmarschieren würden, sei das Chaos programmiert, prophezeit der Anwalt.

Das Problem ist inzwischen gar keines mehr

Hinzu kommt, dass dieses Gesetz längst von der Realität überholt wurde. Die Pandemie ist Geschichte und damit auch das Kuschel-Bedürfnis der Zweibeiner. Die Britinnen und Briten leiden in erster Linie nicht mehr unter Einsamkeit, sondern unter steigenden Lebenskosten.

Hunde und Katzen werden deshalb in Grossbritannien mittlerweile längst nicht mehr rekordverdächtig entführt – sondern viel eher ausgesetzt. 

Echo der Zeit, 29.2.2024, 18:00 Uhr

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