In Bonn in Nordrhein-Westfalen verhandelt die Klimakonferenz zum Beispiel über die Folgen des Kohlebergbaus. Nur 30 Minuten von der Landeshauptstadt Düsseldorf entfernt, befindet sich einer der grössten Kohleabbaugebiete Europas: Garzweiler II. Der Tagebau bedeutet auch Verlust von Heimat.
Keyenberg ist ein kleines Dorf am Rande eines der grössten Kohleabbaugebiete Europas, nur 30 Autominuten vom Zentrum Düsseldorfs entfernt. In wenigen Jahren wird hier alles abgerissen. «Ich kann nie mehr, weder meinen Enkelkindern noch anderen Personen zeigen, wo ich meine ersten Tore geschossen habe, oder wo ich meine erste Freundin kennengelernt habe», sagt Norbert Winzen. Seit Generationen lebt seine Familie hier.
«Ja, ich verdränge das»
«Immer hier gewesen, nie irgendwo anders, ein paar hundert Meter weiter war das Elternhaus. Das ist Heimat, genau das», sagt die 73-jährige Mutter von Norbert Winzen. In wenigen Jahren werden die Kreuze und Glocken aus der Kirche getragen, wird das Dorf abgerissen.
«Ja, ich verdränge das, ich will das einfach gar nicht. Aber wir müssen uns damit abfinden, dass es so ist. Ich weiss nicht, wie ich damit umgehen soll. Ich kann mich einfach noch nicht damit abfinden», sagt die Mutter weiter. Schon jetzt ist das Ende spürbar. Der Verkehrsbusse fahren das Dorf nur noch zweimal täglich an. Lebensmittelläden schliessen.
«Der Metzger wird seine Öffnungszeiten verändern müssen. Der Bäcker fährt mit einem mobilen Bäckerladen durch die Orte und liefert Brot, damit eine Existenz noch möglich ist», so Winzen.
«Das zum Thema Tradition»
Was ist Heimat, was bedeutet verwurzelt sein? Norbert Winzen erzählt die Geschichte, als seine Mutter im Dorf einen Holzvogel abschoss und die erste Schützenkönigin des Dorfes wurde.
«Ein Skandal in diesem Ort. Meine Mutter hatte vor 30, 40 Jahren auf diesen Vogel geschossen und auch noch getroffen und war dann Schützenkönigin. Die älteste Plakette auf dieser schweren Schützenkette dieses Ortes war ca. vom 16. Jahrhundert. Das zum Thema Tradition.» Im Jahre 714 wurde in Keyenberg zum ersten Mal eine Kirche gebaut.
Nachbarort lässt grüssen
Wie es in wenigen Jahren in Keyenberg aussehen wird, kann man 4 Kilometer entfernt, in Immenrath sehen. Norbert Winzen kennt auch hier jede Ecke, die es einmal gab.
«Hier bin ich geboren, nein nicht auf dieser Wiese. Da war damals noch ein Kreisssaal des Spitals.» Das Spital und das halbe Dorf sind aber bereits abgerissen. «Ich weiss nicht wie solche grossen Flächen, die zerstört worden sind, für jemanden aussieht, der diese Bilder nicht kennt. Ich sehe solche Bilder eigentlich immer nur dann, wenn ich abends in den Nachrichten irgendwelche Kriegsgebiete sehe, wo eine Bombe eingeschlagen hat.»
«Eine Art Sargdeckel»
Zwei Familien harren noch in Immenrath aus. Die Kirche steht allein auf einer Wiese, die Fenster vernagelt. Winzen sieht es als Metapher. «Dieses braune Holz gibt mir immer irgendwie das Gefühl, dass es eine Art Sargdeckel ist.»
Nur noch wenige Jahre. Doch Heimat kann man nicht einfach so verpflanzen und schon gar nicht entschädigen, wie es der Energieriese RWE in diesen Gebieten tut.