In dem niederschlesischen Städtchen Olawa an der Oder ist etwas los. Auf dem historischen Marktplatz dröhnt Hardrock aus Boxen. Fahnen mit dem Schriftzug «Mentzen 2025» kündigen den Auftritt des Rechtsaussen-Kandidaten Slawomir Mentzen an. Der 38-jährige Ökonom, Steuerberater und Bierbrauer tourt durchs Land und schwimmt auf einer Welle der Popularität. Er spricht vor allem junge Polen und Polinnen an.
Die beiden jungen Unternehmer Emil und Lukasz sind aus Wroclaw angereist, um Mentzen zu erleben, und haben auch Marlena mitgebracht. Emil sagt, es sei Zeit für Veränderungen, seit 14 Jahren werde Polen von den gleichen zwei Parteien regiert. Mentzen sei ein neues Gesicht, das diesen Wandel vollbringen könne. Was ihm als Unternehmer an dem Kandidaten zudem gefällt, ist dessen Versprechen, die Steuern zu senken und staatliche Monopole aufzubrechen. Die 28-jährige Marlena wiederum fühlt sich von Mentzens Auftritten auf Tiktok angesprochen.
Häme für seinen Gegner
Dann betritt Mentzen die Bühne, er trägt einen teuren Anzug, Hemd und Krawatte. Doch was der untersetzte Mann staccatohaft in die Menge schreit, ist vor allem Hetze und Häme. Und die giesst er zuerst einmal über Rafal Trzaskowski, den proeuropäischen Bürgermeister von Warschau und Kandidaten der regierenden Bürgerplattform.
Er verhöhnt Trzaskowski als «stinkenden Feigling», als «Regenbogen-Rafal in High Heels» und als Schönling, der in Warschau Ökoterroristen und teure Hightechtoiletten finanziere. Er schimpft über die Unterstützung der geflüchteten Ukrainer und Ukrainerinnen. Überhaupt: Die Regierung verschwende Steuergelder.
Er wettert gegen den Green Deal der EU, verspricht billigen Strom und Grenzschliessungen. Wenn deutsche Polizisten Migranten nach Polen zurückbringen würden, dann werde er die Einwanderer zurückweisen und die Polizisten verhaften lassen. «Wollt ihr niedrige Steuern? Einen Präsidenten, der die polnischen Interessen vertritt und nicht ausländischen? Dann stimmt am 18. Mai für mich!»
Dem Publikum hat der Auftritt gefallen, auch den drei jungen Leuten, die für jemanden stimmen wollen, der extrem rechte Positionen vertritt und Abtreibung sogar dann verbieten will, wenn die Frau vergewaltigt worden ist.
Auch die PiS hat ihre Anhängerschaft
Aber auch die rechtskonservative Partei PiS kann auf eine treue Wählerschaft zählen, vor allem auf dem Land und in der Peripherie. So auch auf die 55-jährige Dorota aus Olawa. Sie klagt über die hohen Preise für Strom und Medikamente und sagt, unter der PiS-Regierung sei alles besser gewesen. Gott möge verhindern, dass der Kandidat von Premier Tusk – also Trzaskowski – gewählt werde. Dann sei es um Polen geschehen. Dann würden die Deutschen regieren, und das Land werde verschwinden.
Genau solche Falschbehauptungen der oppositionellen PiS treiben eine andere Bürgerin der Kleinstadt Olawa zur Weissglut. Die Rentnerin Maria, die ihr Leben lang im Verkauf gearbeitet hat, sagt, sie möge die PiS überhaupt nicht. Deren Politiker seien von Hass erfüllt, schrien herum, sie finde das krank. Auch Mentzen kommt für sie nicht infrage. Sie stimmt für den liberalen Mitte-Links-Kandidaten Trzaskowski.
Er sei kultiviert, spreche mehrere Sprachen und wirke unaufgeregt. Tatsächlich ist Trzaskowski der Favorit. Er wird praktisch sicher in die Stichwahl einziehen und hat die grössten Chancen, polnischer Präsident zu werden.