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In Deutschland «grünt» es Die Grünen müssen Farbe bekennen

Die neuste ARD-Wahlumfrage sieht die Grünen erstmals als stärkste Kraft. Was bedeutet das für die Partei?

Die Grünen sind das gute Gewissen und sanfte Ruhekissen der Deutschen. Auf sie kann man derzeit alle Wünsche projizieren und das schlechte Gewissen entlasten – ohne Konsequenzen zu befürchten. Denn die Grünen regieren zwar in acht Bundesländern mit – aber eben nicht in Berlin.

Sie haben bei den Europawahlen deutschlandweit zwar sensationelle 20.5 Prozent erreicht – aber im Europaparlament in Brüssel liegen Europas Grüne mit zehn Prozent nur auf dem vierten Platz. Das ist der Idealzustand für die deutsche Seele. Das Gute wollen, ohne Konsequenzen befürchten zu müssen.

Grünes Kokettieren mit Umfragewerten

Im Moment sind die Grünen Projektionsfläche für alle Hoffnungen: Wenn sich jetzt sogar der CEO des Chemiekonzerns BASF bereit erklärt, in einem neuen Wirtschaftsbeirat der Grünen-Bundestagsfraktion mitzuarbeiten, muss er sich davon ganz offensichtlich etwas versprechen. Bislang waren Chemie und Grüne inkompatibel.

Im Moment kokettieren die Grünen vor allem mit ihren sensationellen Umfragewerten , allen voran ihr Co-Bundesvorsitzender Robert Habeck. Sie geben sich übertrieben bescheiden und überwältigt. «Es passiert etwas. Wir sind Teil davon und man steht selber mittendrin. Und das ist schon besonders.» So kommentierte Habeck in der ARD die neuesten Umfragewerte.

Habeck steht mit geschlossenen Augen neben jubelnden Parteikollegen, von der Decke regnen in grünem Licht grüne Glitzerschnipsel.
Legende: Die Grünen sind im Hoch. Jetzt müsste Robert Habeck (Mitte) Farbe bekennen, meint Peter Voegeli. Reuters

Was heisst das? Die Grünen übertreiben mit ihrer Pseudo-Bescheidenheit. Trotz den Rekordwerten in Umfragen wollen sie sich nicht einmal für Neuwahlen aussprechen. Das wirkt unglaubwürdig.

Grüne müssen konkreter werden

Die Grünen haben politische Kompetenz. Sie haben die wichtigen Themen oben auf ihre Traktandenliste. Aber wer in den Umfragen so stark ist wie die ewigen Regierungsparteien CDU und CSU, wer anders ernsthafter als die anderen Parteien sein will, müsste für die Wähler konkreter werden. Aber das widerspricht natürlich den Regeln erfolgreicher traditioneller Politik. Man muss solange vage sein wie möglich, zumindest vor den Wahlen.

Im kleinsten Bundesland Bremen allerdings haben die Grünen Stellung bezogen. Sie wollen Koalitionsverhandlungen mit der SPD und der Linkspartei aufnehmen, nicht aber mit der CDU. Eine rot-rot-grüne Regierung gab es noch nie in Westdeutschland. Das wäre ein Signal, wenn auch mehr ein symbolisches.

Denn Bremen ist nicht Berlin. In Bremen ist die grüne Basis traditionell links. Aber das Beispiel Bremen zeigt die enorme Gestaltungsmacht der Grünen. Sie können in Deutschland Königsmacher für eine Jamaika-Koalition mit Union und FDP sein oder für ein Linksbündnis jenseits der Union.

Grün leuchtet in Deutschland stärker denn je. Das bedeutet aber auch, Farbe zu bekennen.

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