Zum Inhalt springen

Header

Zur Übersicht von Play SRF Audio-Übersicht

Indischer Pharmaskandal Tödlicher Hustensirup für Kinder

Schon wieder sind Kinder nach dem Konsum von indischem Hustensaft gestorben. Die WHO ist alarmiert.

Die Kinder waren sehr jung: ein Jahr alt das jüngste, sechs Jahre das älteste Kind. Jetzt sind alle tot, gestorben an Nierenversagen. Alle 20 waren zuvor mit indischem Hustensirup behandelt worden.

Schon wieder erschüttert ein Hustensirup-Skandal den Subkontinent. Die Kinder kamen schon Anfang September ums Leben, doch die Suche nach den Gründen ist noch nicht abgeschlossen. Erst vor drei Jahren starben fast 90 Kinder in Gambia und Usbekistan nach dem Konsum von indischem Hustensaft.

Mit billigem Industrie-Alkohol gepanscht

Der jüngste Skandal konzentriert sich auf zwei indische Bundesstaaten im Norden des Landes: Madhya Pradesh und Rajasthan. In Madhya Pradesh, wo 18 Kinder starben, ergab die Untersuchung Wochen später, dass der Hustensirup «Coldrif», den die Kinder geschluckt hatten, gepanscht war. Er enthielt fast zur Hälfte – zu 48.6 Prozent – Diethylenglykol.

Blaue Fässer vor einer Hütte
Legende: Fässer stehen vor der Fabrik von Sresan Pharmaceutical. Von dort soll der gepanschte Sirup stammen. Reuters / Praveen Paramasivam

Das ist billiger Industrie-Alkohol, der bei der Produktion von Frostschutzmitteln und Bremsflüssigkeiten verwendet wird. Bei Menschen führt er in hoher Konzentration zu Nierenversagen. Die Behörden untersuchen noch, wie Diethylenglykol in den Hustensirup gelangen konnte. Eine Vermutung ist, dass bereits der zugelieferte Rohstoff verseucht war. Bei zwei Fällen im benachbarten Rajasthan starben zwei kleine Kinder, weil sie Hustensirup schluckten, der für Kleinkinder ungeeignet ist. Dieser Hustensirup stammte aus lokaler Produktion.

Hustensirup ist beliebt in Indien

Hustensirup ist ein beliebtes Produkt in Indien. Gerade im Winter, wenn der Smog vielerorts zu Hustenreiz führt, versuchen viele Eltern, ihre Kinder mit Hustensirup zu kurieren, der auch ohne Rezept in der Apotheke erhältlich ist. Der Markt wächst jährlich um knapp zehn Prozent. 

Kleine Flasche mit handschriftlicher Aufschrift
Legende: Zwanzig Kinder fielen gepanschtem Hustensirup zum Opfer. Reuters / Priyanshu Singh

Die neuen Todesfälle haben abermals Zweifel an der indischen Pharmaaufsicht geweckt. Sie gilt als schwach und ineffizient. Die Aufsicht ist aufgeteilt zwischen dem Zentralstaat und den Bundesstaaten. Es gibt insgesamt 38 verschiedene Aufsichtsbehörden, die als schlecht verzahnt gelten. Kritiker und Kritikerinnen monieren, dass die Kontrollen in den Pharmafirmen zu lax sind. Zudem kommen Betrügerinnen und Betrüger – selbst nach Todesfällen – oft straflos davon. So ist bis heute, soweit bekannt, niemand in Indien für die vielen Todesfälle vor drei Jahren zur Rechenschaft gezogen worden.  

Regierung hat Kontrollen nur für den Export verschärft

Als Folge dieses Skandals hatte die indische Regierung die Regeln verschärft. Sie verordnete den vielen Hundert Hustensirup-Produzenten im Land eine zusätzliche Qualitätskontrolle vor dem Export, in Laboratorien, die von der Regierung empfohlen wurden. Aber: Diese Zusatztests galten nur für Hustensirup, der exportiert wird, nicht aber für Produkte, die in Indien verkauft werden – wie im jüngsten Skandal.

Weil unethische Hersteller beim Panschen von Hustensirup viel Geld sparen können, der Markt wächst und das Risiko, erwischt und bestraft zu werden, klein ist, dürfte auch der jüngste Skandal nicht der letzte gewesen sein.

SRF News, 24.11.2025, 6:45 Uhr; sten

Meistgelesene Artikel