Frühförderung in Dänemark wird obligatorisch: Kinder aus sozial benachteiligten Quartieren müssen künftig in Dänemark ab dem ersten Lebensjahr eine staatliche Kinderbetreuungseinrichtung besuchen. Betroffen sind Kinder aus Quartieren, in denen die Kriminalität und die Arbeitslosigkeit hoch sind und in denen die Mehrheit der Leute aus nicht-westlichen Staaten stammt. «Diese Quartiere werden explizit Ghettos genannt», sagt Bruno Kaufmann, SRF-Mitarbeiter in Nordeuropa. Die Kinder müssen mindestens 25 Stunden pro Woche an diesem Programm teilnehmen.
Das Ziel dieser Massnahme: «Man will die Ghettos zum Verschwinden bringen», sagt Kaufmann. Angestrebt wird eine bessere Integration in die dänische Gesellschaft. Die Regierung möchte, dass es bis in zwölf Jahren keine solchen Quartiere mehr gibt.
Das sollen die Kleinen lernen: Es gebe kein spezielles Programm für diese Kinder, sagt Kaufmann. Ihnen werde das übliche Programm für Vorschulkinder in Dänemark vermittelt. Darin geht es um die Vorbereitung auf die Schule und die Förderung des sozialen Zusammenlebens. Den Kindern werden explizit «dänische» Werte vermittelt, so Kaufmann.
Gemeinden sind skeptisch: Politische Opposition gegen die Pläne der Regierung gibt es keine. Etwas Gegenwind komme aber aus den Gemeinden, die die Kinderbetreuung umsetzen sollen, sagt Kaufmann. Die Verantwortlichen machten sich Sorgen um ihr Personal. Das müsse sich dann um Kinder kümmern, die eigentlich nicht dort sein wollen. «Sie befürchten, dass sie Minuten messen müssen oder andere Zwangsmassnahmen durchführen müssen, und das wollen sie nicht.»
Relativ wenige Kinder: Es handle sich nicht um Tausende, sondern nach den Berechnungen der Regierung seien es dieses Jahr 700 Kinder, sagt Kaufmann. Falls die Eltern ihr Kind nicht staatlich fördern lassen wollen, müssen beide Elternteile eine Prüfung in Dänisch ablegen. Das sei eine hohe Hürde, sagt Kaufmann. Eltern, die die Bedingungen nicht erfüllen und ihr Kind nicht in die Betreuung schicken wollen, wird das Kindergeld gestrichen.
Vergleichbare Massnahmen in der Schweiz: Auch im Kanton Basel-Stadt ist Frühförderung für Kinder seit 2013 obligatorisch. Sie unterscheidet sich darin, dass die Kinder erst ein Jahr vor dem obligatorischen Kindergarten erfasst werden. Sie müssen mindestens einen Tag eine deutschsprachige Spielgruppe oder Tagesstätte besuchen. Diese Massnahme wirke sich positiv aus, sagt Susann Täschler, die Fachbeauftragte «Frühe Deutschförderung» des Kantons Basel-Stadt. Die Kindergärtnerinnen und Primarlehrerinnen stellten einen grossen Unterschied in Bezug auf die Beherrschung der deutschen Sprache fest. Der Kanton Basel-Stadt ist schweizweit der einzige Kanton, in dem Frühförderung für Kinder mit Migrationshintergrund obligatorisch ist.