Mehr als 65 Millionen Menschen auf der Flucht: Blutige Konflikte und brutale Verfolgung in etlichen Ländern haben mehr Kinder, Frauen und Männer als je zuvor aus ihren Heimatorten vertrieben. Jeder 113. Erdenbewohner ist davon inzwischen direkt betroffen. Dies steht im Weltbericht 2015 des Flüchtlingshilfswerks der Vereinten Nationen (UNHCR).
«Während im Jahr 2005 durchschnittlich sechs Menschen pro Minute entwurzelt wurden, sind es heute 24 pro Minute – das sind zwei Menschen pro Atemzug», heisst es in dem UNO-Bericht. Zugleich haben sich die Gefahren auf den Fluchtrouten vervielfacht. «Auf dem Meer verlieren erschreckend viele Menschen ihr Leben, der Landweg ist durch geschlossene Grenzen zunehmend blockiert, und in manchen Ländern wird gegen Asyl politisch Stimmung gemacht», sagte der UNO-Hochkommissar für Flüchtlinge, Filippo Grandi.
Zudem sinke die Bereitschaft von Staaten, sich der Flüchtlingskrise zu stellen und «im gemeinsamen Interesse der Menschlichkeit» für deren Bewältigung zusammenzuarbeiten, bedauerte Grandi.
Die meisten bleiben in Heimatstaaten
Von den 65,3 Millionen Menschen auf der Flucht halten sich 21,3 Millionen Flüchtlinge in fremden Ländern auf. 40,8 Millionen wurden innerhalb ihrer Heimatstaaten vertrieben. Weitere 3,2 Millionen warten im Ausland auf Entscheidungen über ihre Asylanträge – der höchste bisher von UNHCR verzeichnete Stand.
Die Hälfte der Flüchtlinge ist jünger als 18 Jahre. Besonders beunruhigend ist die hohe Zahl an Kindern, die alleine reisen oder von ihren Eltern getrennt sind. 98'400 Asylanträge sind von unbegleiteten Kindern gestellt worden. Aufgrund der hohen Flüchtlingszahl verzögert sich die Bearbeitung der Asylanträge stark.
Türkei nimmt die meisten Flüchtlinge auf
In Deutschland wurden 441'900 Asylanträge gestellt, mehr als in jedem anderen Land der Welt. Die USA haben die zweithöchste Zahl verzeichnet, 172'700 Asylanträgen. Auch in Schweden (156'000) und Russland (152'500) sind viele Asylanträge registriert worden.
Das weltweit grösste Aufnahmeland ist die Türkei mit 2,5 Millionen Flüchtlingen. Die weitaus meisten Flüchtlinge halten sich in Ländern ausserhalb Europas auf: 86 Prozent der Menschen haben in Staaten mit niedrigem bis mittlerem Einkommen Schutz gesucht. Der Libanon hat mit 183 Flüchtlingen auf 1000 Einwohner pro Kopf mehr Flüchtlinge aufgenommen als jeder andere Staat.
Seit Mitte der 1990er Jahre haben Flucht und Vertreibung stetig zugenommen. Die Zahlen sind jedoch in den vergangenen fünf Jahren rasant nach oben geschnellt. Zu den Hauptgründen gehört der Syrien-Krieg. Doch auch etliche andere Konflikte treiben Hunderttausende in die Flucht, unter anderem im Südsudan, im Jemen, in Burundi, der Ukraine und der Zentralafrikanischen Republik.