Zum Inhalt springen

International Ab Mittwoch im Amt: Theresa May wird britische Premierministerin

Der britische Premier David Cameron tritt bereits am Mittwoch zurück – und nicht erst Ende September wie ursprünglich geplant. Innenministerin Theresa May übernimmt das Amt am selben Tag. Andrea Leadsom hat ihre Kandidatur zurückgezogen.

In Grossbritannien steht doch ein schneller Regierungswechsel an. Premierminister David Cameron erklärte, die bisherige Innenministerin Theresa May werde bis Mittwochabend sein Amt übernehmen. Der Noch-Premier wird am selben Tag seinen Rücktritt Königin Elizabeth II. anbieten.

Nur wenige Stunden zuvor hatte sich Mays einzige verbliebene Konkurrentin, Energie-Staatssekretärin Andrea Leadsom , überraschend ihre Kandidatur zurückgezogen.

Ursprünglich wollten die Konservativen die Parteibasis entscheiden lassen und das Ergebnis Anfang September bekanntgeben.

May wird zur Parteichefin und damit automatisch zur Nachfolgerin Camerons ernannt. Sie wird die Austrittsverhandlungen mit der EU führen. Cameron hatte seinen Rückzug ursprünglich bis Oktober angekündigt, nachdem die Briten beim Referendum für einen EU-Austritt stimmten.

Cameron erklärte vor seinem Amtssitz in der Downing Street, er werde seine letzte Kabinettsitzung vermutlich am Dienstag leiten. Am Mittwoch werde er sich dann noch etwa eine halbe Stunde lang Fragen im Parlament stellen. Danach werde er im Buckingham Palace seinen Rücktritt einreichen. «Damit wird es bis Mittwochabend im Gebäude hinter mir eine neue Premierministerin geben.»

May: «Brexit bleibt Brexit»

Die 59-jährige May wird die zweite Premierministerin nach Margaret Thatcher. Sie will den EU-Austritt durchsetzen, obwohl sie sich vor dem Referendum im Gegensatz zu Leadsom mit aller Vehemenz gegen den Brexit ausgesprochen hat, wie SRF-Korrespondent Peter Balzli erklärt. Es sei schon eine gewisse Ironie, dass nun ausgerechnet May den Brexit abwickeln soll.

Zudem versicherte May, dass es keine Umkehr vom Austritt aus der EU geben werde. «Als Premierministerin werde ich sicherstellen, dass wir die Europäische Union verlassen. Brexit bleibt Brexit.» Im Gegenteil: May wolle den Brexit nun zur Erfolggeschichte machen, wie sie laut Balzli selber sagte.

Druck auf Leadsom wohl zu gross

May wird bei den Verhandlungen darauf hin arbeiten, die besten Konditionen für das Königreich herauszuschlagen. Sie wolle «ein Land, das für alle da ist, nicht nur für die wenigen Privilegierten», betonte May.

Die Finanzmärkte reagierten auf die Nachricht erleichtert, dass ein wochenlanger Wettstreit zwischen May und Leadsom ausbleibt und in einer Phase der wirtschaftlichen Unsicherheit durch den Brexit nicht auch ein Führungsvakuum entsteht. Laut dem Sender BBC war für Leadsom der parteiinterne Druck zu gross geworden, sodass sie aufgab.

May vor grossen Herausforderungen

May erwartet nun eine schwierige Amtszeit, denn nach Prognose der meisten Experten drohen Grossbritannien bei einem EU-Abschied wirtschaftliche Nachteile.

Mehr zum Thema

Finanzminister George Osborne befürchtet gar eine Rezession: Innerhalb von zwei Jahren könnte die Wirtschaftsleistung um bis zu sechs Prozent niedriger ausfallen als bei einem Verbleib in der EU. Die Notenbank befürchtet einen merklichen Abschwung bis hin zu einer Rezession. Grossbritannien riskiert bei einem Brexit seinen Zugang zum EU-Binnenmarkt.

Cameron riet deshalb dazu, eine enge Bande zur EU zu knüpfen. «Es ist in unserem fundamentalen nationalen und wirtschaftlichen Interesse, sehr nah an der Europäischen Union zu bleiben», sagte er vor seiner Rücktrittserklärung. «Deshalb lasst das unser Ziel sein.»

Anwälte forderten Parlamentsabstimmung

Mehr als 1000 britische Rechtsanwälte forderten in einem Schreiben an Cameron eine Parlamentsabstimmung über einen EU-Abschied des Landes. «Unsere Rechtsauffassung ist, dass das Referendum beratend ist», heisst es im Schreiben.

Um mit Artikel 50 des EU-Vertrages den Austritt formal zu beantragen, bedürfe es zuvor einer freien Entscheidung des Parlamentes.

Der Parlamentarische Staatssekretär John Penrose wies dies zurück. Die Anwälte der Regierung seien anderer Meinung, erklärte er. «Ich hoffe allerdings, dass alle anderen hier zustimmen, dass demokratische Grundsätze einen höheren Stellenwert haben sollten als juristische Formalitäten.»

Beim Referendum im Juni sprachen sich 17,41 Millionen Briten für einen EU-Austritt aus. 16,14 Millionen waren dagegen.

Meistgelesene Artikel