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International Ägyptische Luftwaffe bombardiert IS-Stellungen

Ägypten reagiert mit Luftangriffen auf die Enthauptung koptischer Christen durch die Terrormiliz IS. Libyen reagiert darauf nicht nur mit Zustimmung. Unterdessen fordern Kairo und Paris eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrates.

Die ägyptische Luftwaffe hat gezielte Angriffe auf Quartiere, Treffpunkte und Waffendepots der Terrormiliz Islamischer Staat (IS) geflogen, wie die Armee in einer Erklärung mitteilt. Die Ziele seien präzise getroffen worden. Laut dem Stabschef der libyschen Luftwaffe sind auch libysche Flugzeuge am Einsatz beteiligt gewesen.

Der libysche Luftwaffenkommandant Saker al-Dschoruschi erklärte im ägyptischen Staatsfernsehen, es seien Waffenlager und Kommunikationszentren der Islamisten getroffen worden. «Die Zahl der Toten liegt mit Sicherheit nicht unter 40 bis 50», erklärte Al-Dschoruschi.

Lob und Kritik

Das international nicht anerkannte Parlament in der libyschen Hauptstadt Tripolis hat die Angriffe der ägyptischen Luftwaffe unterdessen verurteilt. Der Beschuss sei eine «Attacke gegen die Souveränität Libyens» sagte ein Sprecher.

Regierungschef Abdullah al-Thinni forderte dagegen den Westen zum Eingreifen auf. Die «Weltmächte» sollten «militärische Angriffe» gegen die dschihadistischen Milizen IS und Al-Kaida starten.

Keine langfristige Strategie»

Mit den Angriffen reagiert Ägypten auf die Enthauptung koptischer Christen durch den IS. «Ägypten fühlt sich als ganze Nation angegriffen, egal ob jemand Muslim oder Kopte ist», sagt SRF-Korrespondent Pascal Weber. «Präsident al-Sisi hat eine siebentägige Staatstrauer angeordnet und auch die Muslimbrüder haben die abscheuliche Tat verurteilt.»

Gleichzeitig mische sich eine gewisse Angst in die Gefühle der Ägypter. «Nach wie vor befinden sich rund 300‘000 ägyptische Gastarbeiter in Libyen. Nun ist die Angst gross, dass diese zu einem weiteren Ziel werden.» Sollten weitere Ägypter entführt werden, dann führe dies zu einer weiteren Eskalation.

Keine langfristige Strategie

Die Entführung der Kopten sei schon länger bekannt gewesen, analysiert Astrid Frefel. Sie arbeitet als Journalistin in Ägyptens Hauptstadt Kairo. Präsident Abdel Fattah al-Sisi habe aber bisher nichts dagegen unternommen.

Astrid Frefel

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Portrait von Astrid Frefel

Die Journalistin lebt und arbeitet seit Ende der Neunzigerjahre in Kairo. Davor war die Ökonomin aus Basel Wirtschaftsjournalistin für verschiedene Zeitungen und berichtete als Korrespondentin für den «Tages-Anzeiger» aus Wien und Istanbul.

Al-Sisi habe unter Druck gestanden, nun rasch zu handeln, um Führungsstärke zu zeigen, so Frefel. Ob Ägypten mit den Luftschlägen aber wirklich etwas erreichen wird, ist offen. «Ägyptens Präsident hat keine langfristige Strategie im Umgang mit dem Machtvakuum in Libyen, wo sich der IS immer mehr ausbreiten kann», sagt die Journalistin. «Das hat niemand, auch die internationale Gemeinschaft nicht.»

Frankreichs Staatspräsident François Hollande und al-Sisi fordern nun eine Sitzung des UNO-Sicherheitsrates zum Vordringen der IS-Terrormiliz in Libyen. Die internationale Gemeinschaft müsse neue Massnahmen ergreifen, um dieser Gefahr zu begegnen, hiess nach einem Telefongespräch der beiden Staatschefs zur jüngsten Entwicklung in Libyen.

Kirche bestätigt Tötung

Die Terrormiliz veröffentlichte im Internet ein Video, das die Tötung mehrerer Geiseln an der Küste der libyschen Hauptstadt Tripolis zeigen soll. Laut IS sind es Kopten, welche die Terrormiliz in Libyen entführt hat. In dem Video ist die Enthauptung von mindestens zehn Geiseln zu sehen. Das ägyptische Staatsfernsehen sendete Ausschnitte.

Die Tötung von 21 Christen durch den IS wurde von der koptisch-orthodoxen Kirche bestätigt. Die koptischen Christen seien als Gastarbeiter in Libyen gewesen. Auf dem Heimweg nach Ägypten hätten die Terroristen ihren Bus aufgehalten und sie entführt.

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Der IS habe die Kopten «ganz bewusst als Ziel ausgesucht», sagt Journalistin Frefel. Einerseits kämpfe der IS in allen Gebieten, in denen er aktiv ist, gegen Christen. Andererseits sei die Tötung der Kopten aber auch klar als gezielter Angriff gegen den Präsidenten al-Sisi und sein Land zu verstehen.

Nach der Veröffentlichung des IS-Videos verurteilten die USA die mutmassliche Enthauptung der Kopten scharf. Ein Sprecher des Weissen Hauses sagte, die «Barbarei» des IS kenne keine Grenzen. Die «verachtenswerten und feigen» Morde bestärkten die internationale Gemeinschaft aber nur in ihrer Entschlossenheit, sich gegen den IS zu stellen.

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