Bernd Lucke, Joachim Starbatty, Hans-Olaf Henkel: Zwei Wirtschaftsprofessoren und ein Wirtschaftskapitän. Sie und einige weitere stiegen 2012 in die Politik ein, gründeten die «AfD» und hatten einen ganz erstaunlichen Erfolg. In der Bundestagswahl 2013 haben sie den Sprung ins Parlament auf Anhieb fast geschafft, in den drei folgenden Landtagswahlen haben sie sensationelle Erfolge verzeichnet.
Sie schufen eine Partei, welche primär gegen den Euro und die Euro-Rettungsmassnahmen Front machen wollte. Gegen diese für Deutschland angeblich sehr, sehr teure Politik, welche Kanzlerin Merkel immer als «alternativlos» bezeichnet hatte. Daher auch der trotzige Name der Partei: «Alternative für Deutschland».
Die Professoren fischen am rechten Rand
Gleichzeitig taten sie aber ein Zweites: Sie formulierten immer auch Kritik an der Einwanderungspolitik. Motto: Einwanderung ja, aber nur von qualifizierten Fachkräften, keine Einwanderung in die deutschen Sozialsysteme. Mit diesem Slogan zielten die Herren Professoren klar auf das grosse Potenzial am rechten Rand des politischen Spektrums. Auf die grosse Lücke, die in Deutschland zwischen der CDU/CSU in der Mitte und der NPD auf der extremen Rechten seit langem weit offen stand.
Und damit hatten sie Erfolg. Wenn sie in der Bundestagswahl mit ihren Anti-Euro-Slogans noch knapp scheiterten, erreichten sie mit Anti-Flüchtlings-Parolen sensationelle Wahlerfolge bei den anschliessenden Landtagswahlen in Ostdeutschland.
Allerdings mit der Folge, dass innerhalb der Partei die Vertreter des rechten Flügels Aufwind bekamen. Es entstanden heftige Streitigkeiten – beispielsweise um die Frage, ob man sich mit der offen ausländerfeindlichen «Pegida»-Bewegung solidarisieren wolle oder nicht.
Neue Sachlichkeit bei der AfD?
Den Professoren ging sowas entschieden zu weit, man sei zwar einwanderungskritisch, aber sicher nicht ausländerfeindlich. Die erfolgreiche Rechte in der Partei umgekehrt sah die Annäherung an Pegida als logische Konsequenz der Linie, die man immer schon verfolgt habe. Kurz: Lucke und seine Kollegen kämpften plötzlich gegen böse Geister, die sie selber gerufen hatten.
Nun will Lucke diesen Kampf um eine liberalere, sachlichere Linie definitiv ausfechten und gewinnen. Und zwar mit der Drohung die Partei schlimmstenfalls zu spalten. Er ruft heute die vielen Anhänger seiner gemässigteren Linie in einem sogenannten «Weckruf» auf, zusammenzustehen, sich am Parteitag Mitte Juni durchzusetzen, und wenn das nicht gelinge, gemeinsam eine neue Partei zu gründen.
Richtungsstreit mit selbstbewusstem rechtem Flügel
Ob Lucke sich innerhalb der AfD so wird durchsetzen können ist fraglich: der rechte Flügel schlägt seit den Erfolgen in Sachsen, Brandenburg und Thüringen sehr heftig. Eine Spaltung der AfD wird kaum zu vermeiden sein.
Denn: Letztlich krankt die AfD am gleichen Problem wie zuvor schon die ebenso schnell auf- und wieder abgestiegene Piratenpartei: In beiden Fällen war es so, dass die Partei stand und Erfolge einfuhr noch bevor man sich auf ein umfassendes Programm geeinigt hatte.
Vertreter aus den verschiedensten politischen Himmelsrichtungen haben sich da hinter drei, vier süffigen Slogans versammelt. Und wenn man dann – erst nachträglich – eine gemeinsame Basis finden muss, dann kracht es halt.