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International Amerikaner hörten auch NGOs ab

Nicht nur Terroristen, Politiker und Wirtschaftsführer standen auf der Liste des amerikanischen und britischen Geheimdienstes. Wie jetzt publik wurde, horchten die Spionagedienste auch Nichtregierungsorganisationen aus, die sich sozial- und umweltpolitisch engagieren.

Die Zeitungen Guardian, New York Times und das Nachrichtenmagazin Spiegel zitieren aus dem Fundus von Dokumenten, die der ehemalige Geheimdienstmitarbeiter Edward Snowden entwendet hat. Darin finden sich offenbar hunderte von Telefonnummern aus insgesamt 60 Ländern.

Ein Teil dieser Nummern soll Mitarbeitern der Nichtregierungsorganisationen (NGOs) Unicef, «Human Rights Watch» und «Ärzte der Welt» gehören. Sie wurden demnach vom britischen und US-Geheimdienst abgehört.

Vorwurf der Wirtschaftsspionage

Auch die Liste der ausspionierten Politikerinnen und Politiker wird gemäss diesen neusten Enthüllungen immer länger: So soll auch das Mobiltelefon von EU-Kommissar Joaquín Almunia abgehört worden sein. Almunia ist Wettbewerbskommissar und betreut verschiedene Wirtschaftsdossiers, die für die USA höchst interessant sind.

Der Vorwurf der Wirtschaftsspionage steht auch im Raum, weil die britischen und US-amerikanischen Geheimdienste bei Gesprächen von Managern ausländischer Gross-Konzerne mitgehört haben. Die erwähnten Zeitungen nennen den französischen Rüstungskonzern Thales und den ebenfalls französischen Energiemulti Total.

US-Präsident Barack Obama spricht im Weissen Haus zu Journalisten.
Legende: Mehr Vertrauen in die Geheimdienste wolle er schaffen, sagte US-Präsident Obama. Fehler gestand er allerdings keine ein. Keystone

«Unsere Leute sind keine Bedrohung»

Dass Politiker, selbst Regierungschefs befreundeter Staaten bespitzelt wurden, ist seit längerem bekannt. Neu sind die Berichte über die Ausschnüffellung von Nichtregierungsorganisationen. Verschiedene Exponenten solcher Organisationen reagierten empört und vor allem überrascht. Ein Vertreter der Organisation «Ärzte der Welt» sagte: «Unsere Leute sind keine Bedrohung» und fügte an: «Für eine Überwachung gibt es absolut keinen Grund.»

Präsident Obama äusserte sich zur Affäre kurz bevor er in die Weihnachstferien aufbrach: Er wolle mehr Vertrauen in die Geheimdienste schaffen, auch im Ausland. Fehler gestand er keine ein und von einer Änderung der bisherigen Praxis sprach er ebenfalls nicht.

(webk; schl)

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