Die Menschenrechtsorganisation Amnesty International hat die Europäische Union vor einer Zerstörung der von libyschen Menschenschmugglern genutzten Boote gewarnt.
«Zunehmende Grausamkeit»
Dies werde die Situation von Flüchtlingen in Libyen weiter verschärfen, stellt die Organisation in einem neuen Bericht fest. «Wenn die EU ihre Pläne umsetzt, sitzen die Flüchtlinge vollends in der Falle», erklärte Selmin Caliskan, Generalsekretärin von Amnesty International Deutschland. «Da auch Ägypten und Tunesien beginnen, ihre Grenzen zu schliessen, bleibt ihnen der gefährliche Weg über das Mittelmeer als einzige Chance, der zunehmenden Gewalt und Grausamkeit in Libyen zu entkommen.»
Die Zustände hat die Staatengemeinschaft mitverschuldet
Der Bericht beschreibt Fälle von Entführung, Erpressung, Vergewaltigung und Folter durch Schmuggler und bewaffnete Banden auf dem Weg nach und durch Libyen ebenso wie die grausame Behandlung in den Flüchtlingslagern, in denen libysche Behörden Männer, Frauen und Kinder auf unbestimmte Zeit einsperren. «Die Zustände in Libyen hat die Staatengemeinschaft durch ihre Untätigkeit mitverschuldet», kritisiert Caliskan.
Amnesty fordert von der EU, eine gemeinsame Seenotrettung auf dem Mittelmeer einzurichten, deren Einsatzgebiet bis vor die libysche Küste reicht. Zudem müssten mehr Aufnahmeplätze für Flüchtlinge in der EU geschaffen werden. Angesichts der zunehmenden Gewalt in Libyen forderte Amnesty aber auch die Nachbarländer Tunesien und Ägypten auf, ihre Grenzen für Flüchtlinge offen zu halten.
EU nimmt vor der UNO Stellung
Die EU-Aussenbeauftragte Federica Mogherini will heute Montag vor dem UNO-Sicherheitsrat in New York für ein Mandat für einen robusten Militäreinsatz gegen Schlepper werben. Die Italienerin will erläutern, warum Schlepperboote noch vor ihrem Einsatz «identifiziert, aufgebracht und zerstört» werden sollen.
Diesen Beschluss hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei einem Krisengipfel gefasst, nachdem Mitte April mehr als 750 Flüchtlinge vor der libyschen Küste ertranken.