Als Reaktion auf die grosse Zahl von Flüchtlingen hat Schweden wieder Kontrollen an den Grenzen eingeführt. Polizisten wurden in die südliche Provinz Skåne geschickt. Dort sollen sie die Pässe von Reisenden kontrollieren. Die schwedische Regierung hatte gestern angekündigt, von heute Donnerstagmittag an stichprobenartig zu prüfen, wer in das Land einreisen will.
Kontrolliert wird vorerst nur, wer aus Deutschland und Dänemark kommt. Der Auto- und Zugverkehr über die Öresundbrücke, die Kopenhagen und Malmö miteinander verbindet und der einzige Landweg zwischen Dänemark und Schweden ist, wird von der Grenzpolizei stichprobenartig überprüft. Ausserdem sind die Fährverbindungen zwischen Dänemark, Deutschland und Schweden betroffen.
Im Zug über die Öresundbrücke zwischen Kopenhagen und Malmö, forderte die Polizei am Nachmittag 30 Personen auf mitzukommen. Alle sagten, sie wollten Asyl beantragen. Am Fährhafen Rostock wurden etwa 50 Flüchtlinge die Weiterreise mit den Morgenfähren nach Trelleborg verweigert. Nach Angaben des Rostocker Stadtsprechers Ulrich Kunze hatten sie nicht die nötigen Reisedokumente.
80'000 Asylsuchende seit September
Behörden und Helfer in Schleswig-Holstein stellen sich auf einen möglichen Rückstau von Transitflüchtlingen ein. In Kiel, Lübeck und Flensburg wurden Notquartiere vorbereitet, wie das Innenministerium schon vor Tagen angekündigt hatte. Im Oktober fuhren täglich rund 1000 Flüchtlinge über Schleswig-Holstein nach Skandinavien, die allermeisten nach Schweden.
Seit September sind insgesamt 80‘000 Asylsuchende in das Land gereist. Schweden nimmt relativ gesehen von allen EU-Ländern die meisten Asylbewerber auf. Das Land hat mittlerweile grosse Probleme, alle Ankommenden zu registrieren. Die Migrationsbehörde, die mit der Aufnahme betraut ist, hatte Alarm geschlagen. Viele Flüchtlinge müssten stundenlang warten und in Zelten oder auf dem Fussboden übernachten, bevor sie mit einem Mitarbeiter der Migrationsbehörde sprechen können.
Schweden hält sich an europäische Regeln
«Wir stehen in allen Bereichen unter enormen Druck. Wir haben die Lage nicht mehr richtig im Griff», sagte Behördenleiter Anders Danielsson in der Grenzstadt Malmö. «Wir können keine Unterkünfte mehr anbieten.»
Regierungschef Stefan Lövfen nahm den Hilferuf sehr ernst. «Wenn die Behörden uns sagen, sie sorgen sich um die Sicherheit und Ordnung im Land, dann ist unsere Reaktion, sowohl Grenzkontrollen als auch Identitätskontrollen auf den Fähren einzuführen», sagte er beim EU-Treffen in Malta. Dabei halte sich Schweden an europäische Regeln. «Wir müssen wissen, wer nach Schweden kommt», sagte Löfven. Die Kontrollen sind vorerst auf zehn Tage angesetzt.
Mitglieder des Schengen-Raums für den grenzkontrollfreien Reiseverkehr können Kontrollen zeitweise wieder einführen, wenn sie ihre öffentliche Sicherheit in Gefahr sehen. Dass die Massnahme zu einer Verringerung der Asylbewerber führt, ist umstritten. «Die Zahl der Flüchtlinge hat mit vielen verschiedenen Parametern zu tun. Es ist unmöglich, das jetzt zu sagen», räumte Löfven ein. Wer Asyl beantragen will oder ein Schengenvisum hat, kann weiter einreisen.