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International Angst, Hoffnung, Bangen – die Lage nach dem Beben

Unsere Südasien-Korrespondentin Karin Wenger hat das Beben in der indischen Hauptstadt Delhi miterlebt. Auch dort wankten Gebäude, Menschen flohen auf die Strassen. Wenger beschreibt die Mischung aus Angst und Ungewissheit in der Region. Vergangene Beben lassen Böses ahnen.

Erdbeben in Afghanistan

SRF News: Sie leben und arbeiten von Neu Delhi in Indien aus, auch da hat die Erde gebebt. Was haben Sie gespürt?

Karin Wenger

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Karin Wenger ist seit Frühling 2016 Südostasien-Korrespondentin von SRF in Bangkok. Sie berichtet über Indonesien, Malaysia, Philippinen, Thailand, Burma, Vietnam und weitere südostasiatische Länder. Wenger lebte zuvor sechs Jahre lang in der indischen Hauptstadt Neu Delhi. Früher berichtete sie als freie Journalistin aus dem Nahen Osten.

Ich habe das Erdbeben extrem stark gespürt, sogar viel stärker als das in Nepal vor sechs Monaten. Ich wohne hier im elften Stock. Auf einmal begann das Gebäude zu wanken, zunächst von links nach rechts, dann von vorne nach hinten. Die Ventilatoren an der Decke schwangen hin und her. Einige Gebäude hier in Delhi wurden sofort evakuiert, die Metro wurde gestoppt, viele Leute verliessen die Häuser. Es war gespenstisch.

Man weiss, dass die Erde in Afghanistan, Pakistan und Indien gebebt hat. Was ist zurzeit über Opfer und Schäden bekannt?

Das ist alles noch extrem schwierig abzuschätzen. Das Epizentrum liegt in einem sehr abgelegenen Gebiet. Auch die anderen betroffenen Gebiete in Pakistan und Afghanistan sind schwer erreichbar. Zudem funktioniert auch vielerorts das Telefonnetz nicht mehr. Aus vielen Gebieten weiss man schlichtweg noch nichts. Die Informationen, die kommen, treffen tröpfchenweise ein. Zum Beispiel weiss man, dass in der Provinz Tachar in Afghanistan bei einer Massenpanik etwa zwölf Schülerinnen gestorben sind, die aus dem Gebäude drängten. In der Provinz Badakhshan sollen ungefähr 400 Häuser zerstört worden sein. Aber diese Zahlen werden sich jetzt ständig verändern.

Erwarten Sie, dass die Opferzahlen und Schadensmeldungen noch markant zunehmen?

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Ja. Das hat man auch beim Erdeben in Nepal gesehen. Am Anfang war die Rede von einer paar Dutzend Toten. Am Ende waren es 9000. Auch bei diesem Erdbeben fehlt uns ganz einfach der Überblick. Man kommt nur sehr bruchstückhaft an Informationen. Ich habe mit Leuten telefoniert, war über das Internet mit ihnen in Verbindung. Sie schickten Bilder von Erdrutschen, von der zerstörten Häusern und Strassen. Sie beschrieben Risse in Gebäuden, so auch am Flughafen von Kabul. Und natürlich berichteten sie auch von Toten.

Ein Armeeangehöriger in Pakistan sagte, die Armee habe sofort Anweisungen erhalten, nach Vermissten und Opfern zu suchen. Was man sagen kann: Das Erdbeben heute war beinahe so stark wie das grosse vor zehn Jahren in Pakistan. Damals kamen mehr als 85'000 Menschen ums leben, mehr als drei Millionen verloren ihr zuhause. Die Hoffnung ist jetzt, dass das Epizentrum bei diesem Erdbeben viel, viel tiefer lag als 2005. Und auch tiefer, als beim Beben in Nepal. Es besteht Hoffnung, dass die Zerstörung deshalb etwas weniger gross ist.

Das Gespräch führte Tina Herren.

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