International - Assad: «Wir müssen diese Terroristen von Aleppo loswerden»
Die Welt schaut auf die Stadt Aleppo, wo sich eine menschliche Tragödie abspielt. Die Zivilisten seien in der Hand von Terroristen, meint der syrische Präsident Baschar al-Assad. Im Exklusiv-Interview mit der «Rundschau» erklärt der Machthaber, warum er nicht an eine friedliche Lösung glaubt.
Selten bekommen Journalisten die Gelegenheit, dem Diktator aus Damaskus Fragen zu stellen. Es gibt nur wenige Interviews, die Baschar al-Assad der Weltpresse gegeben hat. Gestern Dienstag hat der syrische Machthaber die «Rundschau» empfangen. Zwanzig Minuten hat Assad auf alle kritischen Fragen von Moderator Sandro Brotz geantwortet. Es gab keine Zensur, jede Frage wurde zugelassen.
Die Antworten zeigten aber, dass sich Assad trotz des millionenfachen menschlichen Leids nicht von seiner Haltung abbringen lässt. Für ihn sind die Rebellen, die ihn stürzen wollen, rücksichtslose Terroristen. Er will sie töten, damit er an der Macht bleiben kann. Verhandlungen mit der Opposition kommen für ihn nicht in Frage.
Kurt Pelda: «Zynisches Propaganda-Märchen»
Es waren zahlreiche Anfragen nötig, bis die «Rundschau» die Genehmigung bekam, mit Assad ein Interview zu führen. Assad misstraut den westlichen Medien, weil er davon überzeugt ist, dass sie Propaganda gegen die syrische Regierung verbreiten. Für ihn ist die Berichterstattung über Aleppo eine «Hysterie im Westen». Sandro Brotz zeigt dem syrischen Präsidenten das Foto eines syrischen Jungen, der aus den Trümmern gerettet worden ist – blutverschmiert, verängstigt, traumatisiert. Und er konfrontiert Assad damit, er habe die Macht, die Situation zu ändern für die Kinder in Aleppo.
Dazu behauptet Assad: «Genau das ist unsere Mission gemäss der Verfassung, dass wir die Menschen beschützen müssen. Doch wie kann man sie schützen, wenn sie unter der Kontrolle von Terroristen sind? Wir müssen die Terroristen angreifen, das ist offensichtlich.»
Syrien-Kenner Kurt Pelda über die Argumentation des Diktators aus Damaskus: «Assad erzählt hier das zynische Propaganda-Märchen, dass sich die Zivilisten (und damit auch die Kinder) in Ost-Aleppo in Geiselhaft befänden, und er sie daraus retten müsse. Warum er dann mit seinen Bomben ausgerechnet jene Leute töten lässt, die er eigentlich befreien will, lässt er offen.»
SRF-Korrespondent Pascal Weber kommentiert die Aussagen Assads gegenüber der «Rundschau»: «Diese Antwort zeigt ziemlich exemplarisch die Weltsicht von Assad: Wer gegen ihn ist, ist ein Terrorist, und der muss bekämpft werden.»
Baschar Al-Assad: Eine Kurzbiografie
Bedingungen für die Dreharbeiten
Die Regierung Assad hat genau definiert, unter welchen Bedingungen sie ein Interview mit dem Präsidenten gewährt. Assad bekommt enorm viele Anfragen von ausländischen Journalisten.
Gedreht haben das Interview Kameraleute der syrischen Regierung. Die genaue Dauer des Interviews hat das Informationsministerium vorher festgelegt. Das Gespräch müsse in voller Länge in der Schweiz ausgestrahlt werden. Assad will verhindern, dass das Interview in Abschnitten gesendet wird, unterbrochen von Bildern, die zum Beispiel Opfer von Giftgas-Angriffen zeigen, die er mutmasslich zu verantworten hat.
Die Interviewfragen mussten allerdings nicht im Vorfeld eingereicht werden. Präsident Assad übt in dieser Hinsicht keine Zensur aus. Vor kritischen Fragen scheint er sich nicht zu fürchten.
Selbstverständlich nimmt die «Rundschau» ihre journalistische Pflicht auch in diesem Fall wahr. Die «Rundschau» ordnet die gegenwärtige Lage in Syrien ein und lässt die Aussagen des syrischen Präsidenten von zwei unabhängigen Experten kommentieren.
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