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Griechisches Parlament und dunkle Wetterfront.
Legende: Alexis Tsipras muss mit erbitterten Widerstand aus den eigenen Reihen gegen sein neues Reformpaket rechnen. Reuters

International Athen tüftelt am neuen Reformpaket – Brüssel wartet

Der Weg zu einem neuen Hilfsprogramm für Griechenland ist steinig. Die Regierung muss zunächst die eigenen Reihen davon überzeugen, dann die EU. Ob der Spagat gelingt, zeigt sich frühestens am Sonntagabend.

Bis heute Abend um Mitternacht muss die griechische Regierung ein vollständiges Paket von Spar- und Reformvorschlägen vorlegen. Falls keine oder unzureichende Reformvorschläge aus Athen eintreffen, drohen gemäss EU-Währungskommissar Pierre Moscovici grosse Schwierigkeiten.

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Sind die Reformen hingegen ausreichend, sei es möglich, dass eine Vereinbarung mit den Geldgebern zustande kommt, so Moscovici. Auf dem Spiel stehen ein neues Hilfsprogramm und eine Zwischenfinanzierung, um die akut drohende Staatspleite zu vermeiden.

Seitens der EU zeichnet sich neben den klaren Forderungen nach konkreten Vorschlägen auch ein Entgegenkommen ab. So sagte der EU-Ratspräsident Donald Tusk, dass die neuen Vorschläge von den Gläubigern mit «einem ebenso realistischen Vorschlag bei der Schuldentragfähigkeit» begleitet werden müssten.

Athen will keine Rückkehr zur Drachme

Den förmlichen Antrag auf neue Milliardenkredite hat die griechische Regierung beim Euro-Rettungsschirm ESM bereits gestellt. Der Ausgang des Prüfverfahrens ist aber völlig offen, denn nur wenn die erwartete Reformliste letztlich auch überzeugt , kann der EU-Sondergipfel am Sonntag weitere Hilfen bewilligen – oder den «Grexit» einleiten.

Ein Grexit oder eben eine Rückkehr zur griechischen Währung Drachme ist indessen für die griechische Regierung kein Thema, sagte der Fraktionsprecher der Linkspartei Syriza, Nikos Filis, im griechischen Fernsehen. Um die Rerformvorschläge rechtzeitig einreichen zu können, arbeiten derzeit Experten des Finanzministeriums in Athen eng mit französischen Beratern zusammen.

Mehrbelastungen der Tourismusbranche

Das griechische Sparpaket sieht nach Informationen der Athener Finanzpresse erhebliche Mehrbelastungen der Tourismusbranche vor. So solle die Mehrwertsteuer im Bereich Hotellerie von 6,5 auf 13 Prozent und im Gastronomiebereich von 13 auf 23 Prozent steigen, berichtete das Blatt «Naftemboriki». Das Reformpaket habe einen Wert von zehn bis zwölf Milliarden Euro.

Auch solle die umstrittene Immobiliensteuer für die Jahre 2015 und 2016 beibehalten werden, schreibt «Naftemboriki». Alleine diese soll jährlich 2,65 Milliarden Euro in die Staatskassen spülen. Athen sei zudem bereit, fast alle Frührenten abzuschaffen. Grundsätzlich solle niemand vor dem 67. Lebensjahr in Rente gehen können. Wer bereits 40 Jahre gearbeitet habe, solle ab 62 Jahren das Recht auf Ruhestand haben.

Abstimmung über Sparpaket ohne Fraktionszwang

Regierungschef Alexis Tsipras will am Donnerstagnachmittag die Spitzen der griechischen Parteien über den Inhalt des Sparmassnahmen-Papiers informieren, berichtete das Staatsradio. Der Regierungschef kann sich darauf verlassen, dass die Abgeordneten der wichtigsten Oppositionsparteien für das Spar- und Reformpaket stimmen werden. Damit wäre ihm die Mehrheit praktisch gesichert.

Um einen Bruch innerhalb seiner eigenen Fraktion zu verhindern, will Tsipras aber die Abgeordneten seines Linksbündnisses ohne Fraktionszwang nach ihrem Gewissen abstimmen lassen. Vertreter des linken Syriza-Flügels hatten zuvor angekündigt, in jeden Fall gegen ein neues Sparprogramm zu votieren. Insider erwarten bis zu 30 Abweichler.

Treffen der Euro-Finanzminister am Samstag, EU-Gipfel am Sonntag

Zur Besprechung der griechischen Vorschläge wollen sich die Finanzminister der Euro-Zone am Samstag um 15 Uhr treffen. Am Sonntagnachmittag wird es zudem ein weiteres europäisches Gipfeltreffen geben.

«Wir haben nur noch drei Tage bis zum nächsten Gipfel», sagte EU-Ratspräsident Donald Tusk in Luxemburg. Gemäss Sprecher von Tusk sollen zunächst um 16.00 Uhr die Staats- und Regierungschefs der 19 Euro-Länder zusammenkommen, um 18.00 Uhr dann in grösserer Runde alle 28 EU-Länder.

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