Steve Upton klopft an eine Haustüre in Sacramento, der Hauptstadt Kaliforniens. Eine ältere Frau im Morgenrock macht auf. «Ich bin von der Wassersparbehörde», sagt Upton, «eine Meldung ist eingegangen, dass Sie ihren Rasen am falschen Tag bewässert haben.» Das sei nicht möglich, antwortet die Frau, die Bewässerung sei abgestellt.
Er übergibt ihr eine Broschüre, in der die zwei Tage aufgeführt sind, an denen sie bewässern darf, jeweils frühmorgens und abends. Dann verabschiedet sich Upton.
Upton ist einer von rund sechzig Wasserkontrolleuren die sieben Tage pro Woche in Sacramento die Runde machen. Sie folgen Tipps aus der Bevölkerung: Viele Menschen verpfeifen ihre Nachbarn. «Wir versuchen den Leuten klar zu machen: Es herrscht Dürre, ihr müsst Wasser sparen.» Wenn sie sich nicht an die neuen Regeln halten, können sie mit bis zu 10'000 Dollar pro Tag gebüsst werden.
Rasen als Wasserverschwender
Bei der Bewässerung der Grünflächen liege das grösste Sparpotenzial, erklärt Steve Upton: «Wenn ein durchschnittlicher Garten fünfzehn Minuten lang bewässert wird, fliesst so viel Wasser wie in einer ganzen Woche drinnen im Haus für Duschen, Waschen und Trinkwasser gebraucht wird.»
Die Stadt Sacramento gilt als vorbildlich: Sie hat ihren Verbrauch im letzten Jahr um 20 Prozent gesenkt, indem sie die Parks seltener bewässerte, den Rasen ums Kapitol austrocknen liess, der Bevölkerung kostenlose Wassersparberatungen anbot sowie finanzielle Anreize für jene, die bereit waren, ihren Rasen mit Pflanzen zu ersetzen, die in trockenen Böden gut gedeihen: mit Lavendel etwa oder Sukkulenten.
Braun statt Grün im Villenquartier
Rund dreissig Kilometer westlich am Folsom Lake ist der Pro-Kopf-Verbrauch doppelt so hoch: Mit fast 2000 Litern pro Kopf und Tag befindet sich der San Juan Water District unter den zehn grössten Wasserverschwendern Kaliforniens.
Eine Fahrt durch die Gemeinde zeigt weshalb: Riesige Villen mit sorgfältig gepflegten Gärten, grünen Rasen und blühenden Blumen prägen das Strassenbild. Kleine künstliche Seen, sogar ein künstlicher Wasserfall.
Ken Kirkland leitet die Wassersparmassnahmen des San Juan Water Districts: «Wie Sie sehen: Hier gibt es grosse Häuser mit viel bewässertem Land drumherum», erklärt er. Oft lebten nur zwei bis drei Menschen auf einer Fläche von einem Hektar Land. Achtzig Prozent des Wassers fliesse in die Gartenanlagen – ohne Beschränkung.
Mit den kalifornischen Sparvorschriften werde sich das bald ändern, sagt Kirkland. Das San Juan Water District stellt jetzt Kontrolleure an, die ab Juni patrouillieren werden. Die Hausbesitzer werden ihren Verbrauch dann um 36 Prozent senken müssen. «In etwa drei Monaten werden wir nicht mehr so viel Grün sehen», sagt Ken Kirkland.
Der Stausee trocknet aus
Der Stausee Folsom Lake versorgt das San Juan Water District und die umliegenden Gebiete mit Wasser. Wenn er voll ist, ist er so gross wie der Thunersee. Jetzt ist er nur halbvoll.
Kirkland steht am Rande des Sees. «In einem guten Jahr würde uns hier das Wasser bis zur Scheitel stehen», sagt er. Er schaut in die Ferne, wo die weissen Gipfel der Sierra Nevada am Horizont sichtbar sind. Der Schnee dort ist das Wasserreservoir Kaliforniens.
«Ohne Schnee könnte uns das Wasser ausgehen»
Im Sommer regnet es nur selten in diesem trockenen Gebiet der USA. Die Schneedecke ist aber zurzeit nur fünf Prozent so dick wie in durchschnittlichen Jahren. Das bereitet Ken Kirkland Sorgen: «Dieser Schnee schmilzt über den Sommer und füllt den Stausee jeweils auf. Ohne den Schnee droht uns das Wasser auszugehen.»
Dann wird es nur noch braune Rasen geben im San Juan Water District. Möglicherweise nicht nur in diesem Jahr. Klimatologen rechnen damit, dass die Dürrezeit im Südwesten der USA im schlimmsten Fall sogar Jahrzehnte lang andauern könnte.