Zum Inhalt springen

International Aus für South-Stream-Pipeline?

Bei seinem Besuch in der Türkei kündigte Russlands Präsident Putin einen Stopp der Bauarbeiten an der Pipeline South Stream durchs Schwarze Meer an. Unklar ist, ob dies tatsächlich das Ende des Milliardenprojekts ist.

Russland gibt seine Pläne für die Pipeline South Stream offenbar auf, mit der russisches Gas unter Umgehung der Ukraine bis nach Südeuropa geliefert werden sollte. «Das Projekt ist vom Tisch. Das war's», sagte der Chef des russischen Gas-Monopolisten Gazprom, Alexei Miller, am Montag.

South Stream

Box aufklappen Box zuklappen

Durch die insgesamt 2380 Kilometer lange Pipeline South Stream wollte Russland Gas durch das Schwarze Meer nach Bulgarien und von dort über Serbien, Ungarn bis nach Westeuropa pumpen. Endpunkt hätte der italienische Ort Tarvisio im Grenzgebiet zu Slowenien und Österreich sein sollen. Die Kosten wurden auf 40 Mrd. Dollar veranschlagt.

Putin macht Europäer verantwortlich

Kurz zuvor hatte der russische Präsident Wladimir Putin bei seinem Besuch in der Türkei gesagt, wegen des Widerstandes der EU könne die Gasleitung derzeit nicht fertiggebaut werden. Wenn Europa das Projekt nicht ausführen wolle, dann werde es eben nicht ausgeführt – auch wenn er überzeugt sei, dass dies den europäischen Wirtschaftsinteressen widerspreche und Schaden verursache.

Inzwischen hiess es von mehreren EU-Staaten, Moskau habe sie noch nicht offiziell über das Ende des Projekts informiert. So äusserten sich die bulgarische und die österreichische Regierung entsprechend. Gleichzeitig stellte Wien klar, dass die Versorgung Österreichs mit russischem Gas aber keineswegs gefährdet sei.

Ukraine mit South Stream umgehen

Mit der Pipeline South Stream sollte russisches Erdgas unter Umgehung der Ukraine nach Westeuropa geliefert werden. Um einen Transit durch die Ukraine und Lieferschwierigkeiten zu vermeiden, hat Russland bereits die Pipeline Nord Stream gebaut, die durch die Ostsee direkt nach Deutschland führt.

Die Suche nach Plan B

Box aufklappen Box zuklappen

Die Europäische Kommission will nächsten Dienstag über andere Wege der Gasversorgung in Südosteuropa beraten. In Brüssel sei ein Treffen mit acht EU-Staaten geplant, die vom Bau-Stopp besonders betroffen sind, sagte eine Sprecherin. Es gehe darum, wie Südosteuropa schneller an das europäische Leitungsnetz für Gas angeschlossen werden könne.

Die Bauführung der insgesamt 40 Milliarden Dollar teuren South-Stream-Leitung lag beim russischen Energieriesen Gazprom. Die EU-Kommission hat jedoch wiederholt erklärt, es sei unzulässig, dass ein Erdgaslieferant zugleich den Zugang zu den Pipelines kontrolliert. Das EU-Mitglied Bulgarien legte deshalb seine Arbeiten an South Stream auf Druck Brüssels auf Eis.

«Man hat eine Arbeitsgruppe gegründet, um dieses Problem zu lösen, aufgrund der Ukraine-Krise ist man dabei aber nicht weitergekommen», sagt der Politologe Gerhard Mangott. Er ist Experte für die Energieversorgung Europas und lehrt an der Universität Innsbruck.

Putin versucht Europa unter Druck zu setzen

Mangott deutet Putins Aussage als Versuch, die Europäer «in einem sensiblen Bereich» unter Druck zu setzen und zu zeigen, dass Russland sein Gas auch an andere Regionen als Europa liefern könne. Allerdings geht der Experte davon aus, dass Russland weiterhin auf Europa als Abnehmer seines Gases angewiesen ist – allein wegen der geografischen Realität.

In Ankara kündigte Putin, die bestehende Pipeline von Russland in die Türkei ausbauen und zusätzlich eine zweite, neue Leitung bauen zu wollen. «Russland hofft auf dem Absatzmarkt Türkei; doch da sollte man sich nicht allzu grosse Hoffnungen machen», sagt Mangott. Denn die Türkei rechne auch mit Gas aus Aserbaidschan, Kurdistan und dem Iran.

Ohne Ukraine geht nichts

Ambivalente Auswirkungen haben die russischen Pläne auf die Ukraine: Einerseits fallen Transitgebühren für 13 Milliarden Kubikmeter Gas weg, das derzeit durch das Land in die Türkei geleitet wird. Andererseits profitiert die Ukraine aber auch von Putins Entscheid, South Stream nicht zu bauen: «Man muss nun das bestehende Transitnetz brauchen», so Mangott. Und dieses besteht in der Hauptsache aus sieben Ost-West-Pipelines, von denen vier durch die Ukraine führen.

Meistgelesene Artikel