Bei den australischen Parlamentswahlen droht der linken Labor-Regierung eine herbe Niederlage. Gemäss den neusten Umfragen erzielte diese 46 oder 47 Prozent der Stimmen, während die konservative Opposition auf 53 oder 54 Prozent kam. «Der Zeitgeist hat sich bewegt, Australien bewegt sich nach rechts», schrieb die Zeitung «Sydney Morning Herald» diese Woche.
Die Regierungspartei könnte nach diesen Umfragen sogar auf 50 der 150 Sitze schrumpfen. Zurzeit hält sie 71 Sitze und regiert mit Unterstützung von Unabhängigen. Sie ist seit sechs Jahren im Amt.
Rudd will die Zügel nicht abgeben
Premierminister Kevin Rudd wollte der Öffentlichkeit die Niederlage noch nicht zugestehen: «Dieser alte Hund hat noch Kampfgeist – wir können es noch schaffen», liess er verlauten.
Sein Herausforderer Tony Abbott gab sich zwar bescheiden, aber fast schon siegessicher: «Ein Regierungschef weiss, dass er für alle da sein muss, auch die, die ihn nicht gewählt haben.»
Abbott galt selbst in der eigenen Partei der Liberalen lange als unwählbar: Weil er polarisiert, sehr konservativ ist und lange alte Rollenmuster mit der Frau am Herd propagierte. Er tritt mit der ebenfalls konservativen Nationalen Partei als Koalitionspartner an.
Murdoch verehrt Abbott
Hinter Abbott stellten sich während des Wahlkampfes 70 Prozent der australischen Presselandschaft. Abbott-Fan und Medienunternehmer Rupert Murdoch kontrolliert die Blätter. Er sah sich offenbar keiner Neutralität verpflichtet. Während eine seiner Zeitungen Rudd als stümperhaften Nazi-Leutnant aus einer Comedy-Show verunglimpfte, feierte er Abbott als Heilsbringer.
Labor fiel besonders wegen Querelen innerhalb seiner Partei in die Ungunst der Wähler. Rudd und seine Stellvertreterin Julia Gillard fielen sich gegenseitig mehrfach in den Rücken. Etwas Vorteil verschaffte sich Konkurrent Abott durch sein grosszügiges Paket für bezahlten Mutterschaftsurlaub.
Die nächste Regierung muss nach 22 Jahren langem Wirtschaftswachstum die Weichen für ein neues Zeitalter stellen: Das Ende des Rohstoffbooms mit Megaaufträgen aus China ist in Sicht. Im zweiten Quartal wuchs die Wirtschaft noch mit 2,6 Prozent im Jahresvergleich.