«Der Krieg hat in Ypern nie aufgehört.» Dieser Meinung ist der Kurator des örtlichen Kriegsmuseums, Piet Chielens. Deshalb fand der EU-Gedenkgipfel zum 1. Weltkrieg hier statt, 30 Kilometer hinter der belgischen Nordseeküste.
Nur noch Schutt, Matsch und Tod
Tatsächlich ist der Krieg hier ein sehr gegenwärtiger Abwesender. Man spürt ihn, etwa weil täglich Tausende Touristen die Spuren des Kriegs hier suchen. Oder weil kein einziges Haus dieses mittelalterlichen Städtchens älter ist als 90 Jahre. Denn dort, wo Ypern war, war nach vier Jahren Krieg 1918 nur noch Schutt, Matsch und Tod. Doch die Menschen bauten ihre Stadt wieder so auf, wie sie vor dem Krieg war.
Grosse symbolische Bedeutung
Der hohe Besuch bedeutete für das Museum viel Arbeit. Doch Kurator Chielens hatte sich auf die Staats- und Regierungschefs gefreut. «Sie anerkennen mit ihrem Besuch die Bedeutung der Geschichte für die Zukunft», sagt er vor dem Eintreffen der Politiker. Denn wenn man heute die richtigen Entscheidungen treffen wolle, müsse man wissen, woher man komme. «Wenn die 28 höchsten Politiker Europas so etwas tun, ist das von höchster symbolischer Bedeutung.»
500'000 Kriegstote in Ypern
Ypern war vier Jahre lang umkämpft. Eine halbe Million Soldaten starb auf den umliegenden Feldern. In Ypern brachten sich Soldaten erstmals in der Geschichte mit Gas und mit Flammenwerfern um. An all das erinnert das Museum.
Die Geschichte des Krieges lehre die Europäer, dass sie zusammenarbeiten müssen, sagte Chielens. Wenn der Museumsbesuch die Staats- und Regierungschefs dazu bringe, mehr und besser zusammenzuarbeiten, dann sei er glücklich.
Streit um Nachfolger für Barroso
Doch wahrscheinlich haben sich die Staats- und Regierungschefs in Ypern beim späteren Nachtessen hinter verschlossenen Türen auch gestritten – zum Beispiel über den nächsten EU-Kommissionspräsidenten.
Symbolisch gesehen wäre auch das kein Unglück, im Gegenteil: Da, wo man einst mit Waffen aufeinander losging, streitet man heute mit Worten.