Jonathan Hill gilt bei vielen Europa-Abgeordneten als «Banken-Lobbyist», weil er früher eine Beraterfirma hatte, die auch für Finanzdienstleister tätig war. Als EU-Finanzkommissar wäre er unter anderem für die Stabilität des Euro zuständig.
Zweite Anhörung vor dem Ausschuss
Nach der Anhörung Hills beschlossen die Fraktionssprecher im Wirtschaftsausschuss am Mittwochabend einstimmig, den Konservativen zu einer zweiten Fragerunde vorzuladen. Hill habe in der ersten Anhörung nicht überzeugt, sagten EU-Abgeordnete. Die neue Fragerunde werde voraussichtlich für Anfang kommender Woche anberaumt, hiess es aus dem Parlament.
Mehrmals während der Anhörung versicherte Hill, der bisher Vorsitzender der Konservativen im britischen Oberhaus war, er habe die Beraterfirma vor viereinhalb Jahren verkauft und mittlerweile auch alle Anteile abgegeben. «Deswegen denke ich nicht, dass es bei mir Interessenkonflikte gibt.»
Als eine seiner Prioritäten nannte er die Schaffung einer «Union der Kapitalmärkte». Ziel sei es, blockiertes Kapital in Europa zu Gunsten von KMU freizusetzen. Fragen nach Details zu diesem Vorschlag liess er jedoch unbeantwortet.
Kritik an den Kandidaten
Der Konservative Miguel Arias Canete will EU-Kommissar für Klimaschutz und Energie werden. Der frühere spanische Umwelt- und Landwirtschaftsminister musste sich Fragen zu seiner Beteiligung an zwei spanischen Ölunternehmen und zu den Tätigkeiten enger Familienmitgliedern in diesen Firmen stellen.
Mehrere Abgeordnete warfen ihm zudem vor, mit abfälligen Bemerkungen über Frauen aufgefallen zu sein.
Der Ungar Tibor Navracsics, der in der EU-Kommission für Kultur, Bildung, Jugend und Bürgerschaft verantwortlich sein soll, wies Kritik an der Medien- und Gesellschaftspolitik seines Landes strikt zurück. «Ich unterstütze fest die Idee von Meinungs- und Medienfreiheit», sagte Navracsics. Im Übrigen sei das von der EU-Kommission bemängeltes Mediengesetz in Ungarn geändert worden.
EU-Parlament trifft Entscheidung
Nach den Anhörungen, die bis kommende Woche dauern, geben die Ausschüsse für jeden Kandidaten eine Empfehlung ab – für oder gegen eine Ernennung. Das letzte Wort hat das Plenum, das am 22. Oktober über die gesamte EU-Kommission abstimmt.
Ohne Zustimmung des Europa-Parlaments können der künftige Präsident der EU-Kommission, Jean-Claude Juncker, und seine 27 Kommissare nicht wie geplant am 1. November den Dienst antreten. Die Ernennung Junckers hatte das Parlament bereits im Juli gebilligt.