«Al Jazeera» ist aus einer gescheiterten Kooperation der BBC mit den Saudis entstanden. Der Emir von Katar heuerte die dort entlassenen Reporter an und gründete einen neuen Sender, der journalistisch unabhängig sein wollte.
Das war neu, sagt der ehemalige «Al Jazeera»-Journalist Tamer Aboalenin im Tagesgespräch von SRF: «Man griff Themen wie Demokratie und Menschenrechte auf.»
Der Emir von Katar habe eine BBC auf arabische Art machen wollen. Dafür wurden Meldungen von Nachrichtenagenturen wie Reuters und AP unverändert übernommen und mit arabischen Ansichten ergänzt.
Pro und contra erhalten Sendezeit
Dazu bildete «Al Jazeera» erstmals beide Parteien eines Konflikts ab. «Die zwei Meinungen, die der einen und die der anderen», erklärt Aboalenin. «Über die arabische Medienlandschaft kann man deshalb sagen: Es gibt die Zeit vor und die Woche nach den Sendestart von ‹Al Jazeera›.» Heute ist «Al Jazeera» der einflussreichste Sender in der arabischen Welt. Für Aboalenin ist das kein Zufall.
«Während des Arabischen Frühlings war ‹Al Jazeera› der einzige Sender, der dem Pro und dem Contra beider Lager das Wort gegeben hat.» Der Vorwurf, «Al Jazeera» habe sich im Zuge des Arabischen Frühlings 2011 auf die Seite der Islamisten geschlagen, treffe nicht zu, ist der ehemalige Journalist überzeugt.
Überall Angst vor Repression
«Es gab keinen Schulterschluss mit bestimmten Bewegungen wie etwa der Muslimbruderschaft oder wem auch immer», sagt Aboalenin, der heute für eine kuwaitische Nachrichtenagentur aus Genf berichtet. «Es war ein Schulterschluss, mit der Wahrheit, die dort passiert.» Es gebe Aufständische und es gebe Aggressoren. «‹Al Jazeera› gibt auch den Aggressoren die Möglichkeit zu sagen, weshalb sie aggressiv sind.»
Die Regierungen hätten bis heute immer noch Angst vor der Medienfreiheit. Davor, die Wahrheit zu hören, so Aboalenin weiter. Und darum seien auch «Al Jazeera»-Journalisten der Repression ausgesetzt. Genau wie westliche Journalisten auch.
Das ganze Tagesgespräch mit Tamer Aboalenin hören Sie hier.