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Aufnahme eine Mauer. Links und rechts einer Öffnung ist das Zeichen von Boko Haram aufgemalt.
Legende: Damasak: Eine der durch Nigerias Armee befreiten Städte im Norden des Landes. Die Spuren von Boko Haram bleiben. Reuters/Archiv

International «Boko Haram verliert seine Jokerrolle»

Die Anzeichen für eine Schwächung von Boko Haram mehren sich: Hunderte Frauen und Kinder hat das nigerianische Militär am Wochenende aus den Fängen der Terrorgruppe befreit. Nach der Wahl des neuen Präsidenten würden die Karten neu gemischt, sagt SRF-Afrikakorrespondent Patrik Wülser.

Patrik Wülser

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Porträt Patrik Wüsler.

Patrik Wülser ist Leiter der Auslandredaktion von Radio SRF. Von 2011 bis 2017 war er Afrikakorrespondent für SRF und lebte mit seiner Familie in Nairobi (Kenia).

SRF News: In der Vergangenheit entpuppten sich Erfolgsmeldungen der nigerianischen Armee über befreite Frauen und Mädchen immer wieder als falsch. Was ist an den jüngsten Meldungen dran?

Patrik Wülser: Meldungen der nigerianischen Armee sind tatsächlich immer mit Vorsicht zu geniessen. Aber im jüngsten Fall scheinen sie zuzutreffen: Es gibt Bilder und Filmaufnahmen der Frauen und sie äusserten sich in Radio-Interviews. Wie viele Frauen und Kinder es sind, ist nicht klar. Aber da ist der nigerianischen Armee tatsächlich ein grosser Coup gelungen.

Sind denn auch jene Mädchen aus Chibok freigekommen, deren Entführung vor einem Jahr weltweit für Schlagzeilen gesorgt hatte?

Das ist noch nicht klar. Ich glaube aber eher nicht. Die nun geretteten Mädchen und Frauen wurden in einer völlig anderen Region befreit. Sie befinden sich nun in einem Lager und sind von der Öffentlichkeit abgeschottet. Es heisst, ihre Identität müsse überprüft werden. Vermutlich werden sie auch medizinisch untersucht. Mehr als 200 der Frauen sind schwanger. Sie wurden teils zwangsverheiratet und wohl auch missbraucht. Einige waren Zwangsarbeiterinnen und andere mussten sich an Kämpfen beteiligen. Es soll auch geprüft werden, ob sich Überläuferinnen unter den Befreiten befinden.

Mehr als 200 der befreiten Frauen sind schwanger. Sie wurden teils zwangsverheiratet und wohl auch missbraucht.

Viele Frauen befinden sich immer noch in den Händen von Boko Haram. Nigerias Armee bekämpfte die Terrorgruppe jahrelang ohne grossen Erfolg. Weshalb klappt es nun plötzlich?

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Die Armee und die Regierung haben den Terror im völlig verarmten Nordosten des Landes jahrelang nicht ernst genommen. Die Milliarden, die in die Armee hätten fliessen sollen, sickerten stattdessen in die Taschen der Offiziere – auf Kosten von Soldaten und Tausenden von Bürgerinnen und Bürgern. Erst als die politische und militärische Elite erkannte, dass das Versagen gegen Boko Haram ihre Wiederwahl und damit den Zugang zum Reichtum des Landes gefährden könnte, begann sie vor einigen Wochen zu handeln. Allerdings kam die Einsicht zu spät; die Wählerinnen und Wähler stimmten Ende März für die Opposition.

Es muss in Nigeria Leute gegeben haben, die vom Terror durch Boko Haram profitierten.

Kann man dennoch sagen, dass die ersten Erfolge gegen Boko Haram noch der Verdienst des abgewählten Präsidenten Goodluck Jonathan sind?

Es ist eine späte Erbschaft des abtretenden Präsidenten. Die plötzliche Hilflosigkeit der noch vor kurzem so gefürchteten Terrorgruppe weist darauf hin, dass ihnen die Ressourcen in den vergangenen Wochen ausgegangen sind. Ihre zuletzt hochmoderne Ausrüstung konnte Boko Haram nicht alleine durch Plünderungen von Bankfilialen im Nordosten des Landes oder durch gelegentliche Lösegelder nach Entführungen finanzieren. Es muss in Nigeria Leute gegeben haben, die vom Terror durch Boko Haram profitierten – vermutlich Politiker aus dem Norden, die sich von der Macht und den Ressourcen im Süden des Landes abgeschnitten fühlten. Mit der Wahl des neuen Präsidenten aus dem Norden, Muhammadu Bahari, scheinen sich die Machtverhältnisse neu einzupendeln. Boko Haram ist nun weniger ein Machtfaktor in diesem Poker.

Das Gespräch führte Simone Weber.

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